In neuer Dimension

Männervereine übernehmen die Macht in der Fußball-Bundesliga der Frauen - das lässt Ablösesummen steigen

  • Frank Hellmann, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 3 Min.

Mandy Islacker mag es normalerweise gar nicht, allzu sehr im Mittelpunkt zu stehen. Klar, als Mittelstürmerin hat sie einen besonderen Instinkt entwickelt, genau dort aufzukreuzen - mit 109 Treffern ist die gebürtige Essenerin die erfolgreichste aktive Angreiferin der Fußball-Bundesliga -, aber viel Aufhebens macht sie darum nicht. Nun ist die die 28-Jährige aber diejenige, die am Tag vor der Abreise zur Europameisterschaft in den Niederlanden für einen Paukenschlag sorgt: Ein Jahr vor Vertragsablauf wechselt die Torschützenkönigin der vergangenen beiden Spielzeiten vom 1. FFC Frankfurt zum FC Bayern München, wo sie bereits von 2008 bis 2010 gespielt hat. Der noch ein Jahr laufende Vertrag mit der 15-fachen Nationalspielerin wurde vorzeitig aufgelöst, was im Frauenfußball ungewöhnlich ist.

»Wir hätten sie gerne behalten, haben aber ihrem Wunsch entsprochen, sich eine Herausforderung zu suchen, bei der sie in der Champions League spielen und den Meistertitel anstreben kann«, teilte Frankfurts Manager Siegfried Dietrich mit, der von einer »fairen Abstimmung« berichtet. Soll heißen: Der vierfache Champions-League-Sieger wird für seine Verhältnisse rekordreif entschädigt: Dem Vernehmen nach fließt aus München eine Ablöse, die fast sechsstellig sein soll. Karin Danner, Managerin des FC Bayern, sagt: »Wir haben einen für beiden Seiten zufriedenstellenden Deal gemacht. Ablösen wurden schon früher gezahlt. Wir sind ein Verein, der weiter grundsolide wirtschaftet.«

Dass das Budget beim FC Bayern, Meister 2014 und 2015 und aktuell wieder für die Königsklasse qualifiziert, längst höher ist als das vom 1. FFC Frankfurt, ist bekannt. Der frühere Trendsetter, der zur EM 2013 in Schweden noch acht Spielerinnen abgestellt hatte, ist nun allein noch mit Kathrin Hendrich in der DFB-Auswahl vertreten und verliert national wie international den Anschluss. Ausgerechnet Islacker war diejenige, die Frankfurt 2015 im Champions-League-Finale gegen Paris St. Germain mit ihrem Tor zum letzten großen Titel schoss, der schon damals überraschend kam.

Seitdem geben die Lizenzvereine aus dem Männerbereich den Takt vor; mitunter auch samt entsprechendem Geschäftsgebaren. Dietrich bestätigt, dass vermehrt »Spielerinnen gegen vernünftige Ablöse aus Verträgen herausgekauft werden«. Kollegin Danner erzählt dasselbe: »Für die Zukunft wird das ein Weg sein, Spielerinnen zu verpflichten - es geht gar nicht mehr anders.«

Die Frauenabteilung des FC Bayern muss sich derweil selbst neuer Attacken aus dem Ausland erwehren und hat bereits neun Abgänge zu verkraften, darunter die eigene Torjägerin Vivianne Miedema. Die erst 20-jährige niederländische Nationalspielerin verlängerte ihren Vertrag nicht und schloss sich ablösefrei Arsenal London an. Nicht nur die französischen Spitzenklubs aus Lyon und Paris, auch englische Vereine und neuerdings sogar die spanischen Marken FC Barcelona und Real Madrid buhlen um die Besten. Danner ist daher froh, sich eine deutsche Nationalstürmerin zurückgeholt zu haben, bevor diese ihren Marktwert bei der EM womöglich noch steigert.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -