Leidende Ferkel vermasseln Amtseinstieg

Die neue NRW-Landwirtschaftsministerin gerät nach Filmaufnahmen auf dem heimischen Hof in die Bredouille

  • Lesedauer: 3 Min.

Steinfurt. Erste Krise für die Regierung des neuen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU): Zwei Wochen nach ihrer Ernennung zur Landwirtschaftsministerin steht die CDU-Politikerin Christina Schulze Föcking bereits heftig in der Kritik.

Die RTL-Sendung »Stern TV« hatte am Mittwochabend heimlich von Tierschützern gefilmte Bilder vom Schweinemastbetrieb der Familie ausgestrahlt. Sie zeigen zum Teil stark verletzte Tiere mit angefressenen, entzündeten Schwänzen oder geschwollenen Gelenken in einem verdreckten Stall. Nach Angaben des Vereins »Tierretter« waren die Aufnahmen Anfang März und Mitte Juni dieses Jahres gedreht worden.

Die Ministerin äußerte sich auf Anfrage in einer knappen Mitteilung: »Der Betrieb hat eine umfassende Stellungnahme abgegeben, sehr offen und im Detail. Alle Vorgänge sind dokumentiert. Zudem hat sich mit dem Landkreis Steinfurt die für den Tierschutz zuständige Behörde klar geäußert.«

Ihr Ehemann und Geschäftsführer des Betriebs, Frank Schulze Föcking, räumt in einer sechsseitigen Stellungnahme ein: »In einem kurzen Zeitraum des ersten Halbjahres 2017 kam es innerhalb der Mast des Betriebes zu außergewöhnlichen Krankheitsverläufen, die umfangreiche Handlungen zum Wohle der Tiere erfordert haben.« Von 940 Ferkeln, die dem Betrieb im März geliefert worden und die »von Anfang an deutlich verhaltensauffälliger« gewesen seien, seien 31 Tiere notgetötet worden oder verendet.

Alle Kontrollen des Kreisveterinäramts und der Bestandstierärztin seien aber ohne Beanstandungen verlaufen. Der zuständige Kreisveterinär, Dr. Christoph Brundiers, sagte bei »Stern TV«: »Auch für mich sind das erdrückende Bilder. Aber sie stellen eine Momentaufnahme dar.« Er habe während seiner Kontrollen auch deutlich andere Bilder gesehen. Brundiers räumte allerdings auch ein, dass es zwischen Mitte April und Anfang Juli keine tierschutzrechtlichen Überprüfungen in den Betrieben der Familie Schulze Föcking gegeben habe. Seinen Angaben zufolge ist seine Frau seit Anfang Juli nicht mehr an den Betrieben beteiligt.

Die Staatsanwaltschaft Münster prüfe, ob ein Anfangsverdacht für einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vorliege, sagte Oberstaatsanwalt Martin Botzenhardt der Deutschen Presseagentur in Düsseldorf. Dies sei noch kein offizielles Ermittlungsverfahren. Anzeigen seien noch nicht bei der Staatsanwaltschaft eingegangen - weder von Tierschützern noch vonseiten der Familie Schulze Föcking wegen Hausfriedensbruchs.

Die im Tierschutz engagierte Albert Schweitzer Stiftung bereitet nach eigenen Angaben eine Strafanzeige vor und forderte in einer Mitteilung, die Ministerin zu entlassen. Die Grünen - die in der rot-grünen Vorgängerregierung den Minister für Landwirtschaft und Umwelt gestellt hatten - forderten die 40-jährige staatlich geprüfte Landwirtin indirekt zum Rücktritt auf. »Als Landwirtschaftsministerin kann Frau Schulze Föcking nicht mehr glaubwürdig auftreten, als Tierschutzministerin ist sie völlig fehl am Platz«, betonte Landtagsfraktionschef Arndt Klocke in einer Mitteilung. Die SPD-Opposition forderte die Ministerin auf, zu erklären, »ob sie sich noch dem Tierwohl verpflichtet fühlt oder ob für sie die Profitmaximierung an erster Stelle steht«. dpa/nd

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.