Unterlassene Hilfeleistung
Armutskonferenz: Gesundheitsleistungen für Arme zu teuer / Ministerium streicht Mittel für Erwerbslose
Wer am Rande der Gesellschaft steht, braucht eigentlich eine besondere Unterstützung, um Anschluss zu finden. Doch die Zeichen in der Bundespolitik stehen eher darauf, notwendige Hilfen zusammenzustreichen. So hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr Arbeitslosen weniger Wiedereingliederungshilfen als eigentlich geplant zur Verfügung gestellt. Und die Nationale Armutskonferenz kritisierte am Donnerstag, dass Geringverdiener etliche Gesundheitsleistungen nicht mehr selbst bezahlen könnten. Diese Bevölkerungsgruppe stehe vor unüberwindbaren Finanzierungsproblemen, erklärte das Bündnis von Organisationen, Verbänden und Initiativen, die sich für eine aktive Armutsbekämpfung einsetzen.
Die Konferenz forderte im Einzelnen eine vollständige Kostenbefreiung für Arbeitslosengeld-II-Bezieher sowie für Menschen, die auf den Kinderzuschlag für Geringverdiener oder Wohngeld angewiesen sind. Diese Gruppe könne die Zuzahlungen zu Medikamenten und Klinikaufenthalten nicht leisten, hieß es.
Für problematisch hält der Zusammenschluss auch die Situation von Asylbewerbern. Ihnen stehen nur Akut- und Schmerzbehandlungen zu. Gefährdet seien zudem privat und gesetzlich Versicherte, die ihre Beiträge nicht mehr bezahlen können. Auch sie bekommen nur eine Notfallbehandlung.
Die Politik habe sich weit von diesen Problemen entfernt, bemängelte die Armutskonferenz und forderte die Wiedereinsetzung der Arbeitsgruppe »Armut und Gesundheit« beim Bundesgesundheitsministerium.
Auch die Förderung für Erwerbslose hält die Bundesregierung offenbar für vernachlässigbar. Für jeden Arbeitslosen habe der Bund im vorigen Jahr 781 Euro an Eingliederungsmaßnahmen investiert, wie sie in einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen schreibt. Laut dem Haushaltsansatz von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) seien aber eigentlich 962 Euro für die Eingliederung vorgesehen.
Die Einsparungen begründete das Ministerium damit, dass stark steigende Verwaltungsausgaben in den Jobcentern mit Mitteln aufgefangen werden mussten, die eigentlich für die Eingliederung bestimmt waren. 2016 mussten dem Papier zufolge rund 750 Millionen Euro auf diese Weise umgeschichtet werden. Die Grünen-Politikerin Brigitte Pothmer kritisierte die Kürzung dieser Hilfen. »Das steht in krassem Widerspruch zum Bedarf.« Mit epd
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