Zwangsarbeit im Donbass

Ukrainische Menschenrechtler fühlen sich durch deutschen Medienbericht ermutigt

  • Denis Trubetskoy, Kiew
  • Lesedauer: 3 Min.

In der Ukraine war es nie ein Geheimnis, doch nun kommt die Zwangsarbeit von Häftlingen in den beiden selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk an die internationale Öffentlichkeit: Ein Bericht des Deutschlandfunks sprach Ende der Woche von Tausenden Strafgefangenen, die im abtrünnigen Gebiet des umkämpften Donbass zu unbezahlter Arbeit gezwungen werden. Einschätzungen der ukrainischen Östlichen Menschenrechtsgruppe zufolge handele es sich um bis zu 10 000 Häftlinge, die schwere Tätigkeiten verrichten müssen.

»Das größte Problem: Ein bedeutender Teil davon sind Menschen, die bis 2014 von ukrainischen Gerichten verurteilt wurden«, erklärt Pawlo Lysjanskyj, Gründer der Östlichen Menschenrechtsgruppe, die seit dem Sommer 2014 Kriegsverbrechen von beiden Konfliktparteien im Kriegsgebiet dokumentiert und in Lissytschansk im ukrainischen Regierungsgebiet Luhansk stationiert ist. »Viele von ihnen haben die eigentliche Strafe bereits abgesessen und müssten eigentlich längst freigelassen werden. Die Begründung, wieso das nicht erfolgt, lautet einfach: Die Volksrepubliken wollen die Gesetze eines anderen Landes nicht erfüllen.«

Die meisten Arbeitslager, die von Häftlingen, die durch die Östliche Menschenrechtsgruppe befragt wurden, als moderner Gulag bezeichnet werden, befinden sich in der Volksrepublik Luhansk. Betroffen sind unter anderem Städte wie Luhansk selbst, Brjanka, Altschewsk, Perewalsk, Petrowske. Lysjanskyj schätzt die Einnahmen der beiden Volksrepubliken durch diese Zwangsarbeit auf rund 500 000 Euro. »Das ist eine recht große Summe.« Das Geld fließe in ihre eigene Finanzierung.

Berichte über die Zwangsarbeit in der Ostukraine sind in der ukrainischen Medienlandschaft nicht neu. Seit 2016 informierten mehrere Medien über verschiedene Aspekte der unbezahlten Arbeit durch Häftlinge im von Kiew abtrünnigen Teil des Donbass. Jedoch blieb das Thema immer ziemlich unbemerkt - Lysjanskyj und seiner Menschenrechtsgruppe ist es bisher nicht gelungen, eine große Resonanz zu erreichen.

»Nach dem Bericht des Deutschlandfunks ändert sich das. Endlich wird unsere Arbeit, die wir bereits jahrelang leisten, von den Medien bemerkt«, sagt er. Tatsächlich haben fast alle große ukrainischen Medien über die Recherchen des Deutschlandfunks berichtet. Allerdings wird das Thema durch die aktuellen Diskussionen um den Gesetzentwurf über Cybersicherheit sowie den Ausstieg des Billigfluganbieters Ryanair aus dem ukrainischen Markt überschattet.

Laut der ukrainischen Menschenrechtsbauftragten Walerija Lutkiwska spielt das Thema Zwangsarbeit in der Ostukraine auch bei den Minsker Verhandlungen eine Rolle. »Allerdings stehen politische Verhandlungen sowie direkter Gefangenenaustausch klar auf dem ersten Platz, Konkretes wird nur selten angesprochen«, berichtet sie. Das Problem sei, dass die Ukraine in Wirklichkeit nur recht wenig unternehmen könne, um den Menschen zu helfen. Kiew könne sich zwar um internationalen Druck bemühen, doch viel mehr ist auch nicht drin - denn die Ukraine hat keinen direkten Zugang zu dem Gebiet.

»Ich hätte mir schon gewünscht, dass die Ukraine sich stärker einmischen würde«, sagt Pawlo Lysjanskyj. »Ich verstehe aber, dass die Möglichkeiten Kiews hier an eine Grenze stoßen. Eine aktivere Position wäre trotzdem wünschenswert.«

»Es handelt sich um ein Thema, das für die ukrainische Regierung nicht sehr günstig ist«, meint der Kiewer Politologe Andrij Dubowyj. »Wirklich helfen kann sie nicht, deswegen versucht sie eben nicht, die Probleme laut anzusprechen.« Was die Führung der Volksrepubliken Donezk und Luhansk angeht, kommt ihr Schweigen zum Thema nicht gerade überraschend. Geäußert haben sie sich zu den Vorwürfen noch nicht.

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