Italien blockiert Verlängerung des Libyen-Einsatzes der EU
Regierung in Rom will Zugeständnisse bei der Flüchtlingsverteilung erreichen / Deutsche Marine hat bereits 21.000 Flüchtlinge aus Seenot gerettet
Brüssel. Italien blockiert die Verlängerung des EU-Militäreinsatzes vor der libyschen Küste. Weil die Regierung in Rom kurzfristig weiteren Prüfbedarf ankündigte, konnten die EU-Außenminister am Montag nicht wie geplant ein erweitertes Mandat für die Operation »Sophia« beschließen. Es sei nicht auszuschließen, dass Italien mit der Blockade Zugeständnisse anderer Staaten bei der Aufnahme von Migranten erzwingen wolle, hieß es aus Diplomatenkreisen.
Für Italien ist der EU-Einsatz bereits seit einiger Zeit mehr Problem als Hilfe. Das liegt vor allem daran, dass sich die Regierung 2015 damit einverstanden erklärt hatte, dass am Rande des Einsatzes gerettete Migranten in italienische Häfen gebracht werden. Italien hatte daher Ende Juni damit gedroht, seine Häfen für private und behördlich betriebene Schiffe zu schließen, die nördlich von Libyen aus Seenot gerettete Flüchtlinge nach Italien bringen.
Bei Einsetzung der Mission »Sophia« im Oktober 2015 war noch nicht absehbar, dass die eigentlich für den Kampf gegen Schleuserkriminalität losgeschickten EU-Schiffe Zehntausende Menschen an Bord nehmen würden. Allein die deutsche Marine rettete bereits mehr als 21.000 Geflüchtete, die dann nach Italien gebracht wurden.
In diesem Jahr haben bisher über 80.000 Menschen das Meer überquert und sind in italienischen Häfen gelandet. Etwa 2000 Menschen sollen in diesem Zeitraum während der riskanten Überfahrt umgekommen sein. Italien erhofft sich jetzt in erster Linie mehr Hilfe von den EU-Staaten, die sich schon mehrmals dazu verpflichtet hatten, Flüchtlinge aufzunehmen. Diese Versprechen blieben bisher aber zum größten Teil leere Worthülsen. Auch die italienische Forderung danach, gerettete Migranten direkt in andere europäische Länder (zum Beispiel Spanien und Frankreich) zu bringen, wurde in den letzten Stunden von den Regierungen der betroffenen Länder und auch von Deutschland abgelehnt.
Die Bundesregierung bekräftigte am Montag, sie setze sich für eine Verlängerung des EU-Militäreinsatzes ein. Bei der Versorgung der aus Seenot geretteten Geflüchteten sei aber klar, »dass man Italien unter die Arme greifen muss«, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin.
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini zeigte sich bei dem Außenministertreffen in Brüssel optimistisch, dass die Laufzeit des Einsatzes wie geplant bis zum 31. Dezember 2018 verlängert werden könne. Das aktuelle Mandat ende erst Ende Juli, sagte sie in Brüssel. Bis dahin sind es noch ein paar Wochen Zeit. dpa/nd
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