Wien: Notfalls den Brenner zumachen
Debatte um steigende Zahl illegaler Migranten
Berlin. Österreich hat seine Drohung mit Grenzkontrollen an der viel befahrenen Route nach Italien nachdrücklich bekräftigt. »Wir machen den Brenner zu, wenn die Zahl der illegalen Einwanderer nach Österreich weiter steigt«, sagte Innenminister Wolfgang Sobotka der »Bild«. »Binnen 24 Stunden können wir mit Soldaten die Grüne Grenze abriegeln und mit Zoll und Polizei scharfe Grenzkontrollen realisieren.«
Die österreichische Regierung ist beunruhigt über die steigende Zahl von Flüchtlingen, die über das Mittelmeer ins Nachbarland Italien kommen und von dort aus in andere Länder weiterreisen. »Es ist absehbar, dass sich die Lage zuspitzt, dass das nicht gut geht«, sagte Innenminister Sobotka.
Kritisch bewertete der Politiker den Einsatz von Flüchtlingshilfsorganisationen auf dem Mittelmeer, von denen manche seiner Auffassung nach mit Schleppern zusammenarbeiteten. Wichtig sei, »dass selbst ernannte Seenotretter aus Europa nicht mehr bei den Schleusungen helfen, nicht mehr mit den Banden kooperieren«, sagte Sobotka. Natürlich dürfe niemand ertrinken. »Wir müssen aber trotzdem unterbinden, dass sogenannte Helfer weiterhin mit ihren Booten in libysche Hoheitsgewässer eindringen und dort die Flüchtlinge von den Schleppern direkt übernehmen.« Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz hatte am Montag bei einem Ministertreffen in Brüssel gefordert, »die Mittelmeerroute zu schließen«.
Derweil hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière mit Kritik an der Arbeit von Hilfsorganisationen im Mittelmeer heftigen Widerspruch ausgelöst. Anstatt die Menschen, die dort Flüchtlinge aus Seenot retten, zu beschimpfen, »sollte der Bundesinnenminister ihnen Dank und Respekt zollen«, erklärte Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt am Dienstag in Berlin. LINKE-Fraktionsvize Jan Korte warf de Maizière eine »persönliche Leitlinie aus Zynismus und Kälte« vor. Der Innenminister hatte zuvor den Zeitungen der Funke Mediengruppe gesagt, Italien untersuche Vorwürfe gegen Nichtregierungsorganisationen, wonach deren Schiffe ihre Position im Mittelmeer verschleiern würden. Sein italienischer Amtskollege Marco Minniti habe ihm gesagt, dass die Schiffe in libysche Gewässer führen, um den Schiffen ein Ziel vorzugeben.
Göring-Eckardt warf de Maizière vor, immer wieder mit unbelegten Behauptungen »Stimmung gegen Flüchtlinge« zu machen. Korte sagte, de Maizière habe in der Flüchtlingspolitik »schon mehrfach Unwahrheiten verbreitet«. Weiter sprach er von »organisiertem europäischen Staatsversagen« beim Umgang mit der Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer. Agenturen/nd
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