Polizei in Italien bestätigt Folter bei G8-Gipfel 2001
Zuvor hatten Behörden Entschädigungszahlungen an Demonstranten wegen Polizeigewalt angekündigt
Rom. Die Polizei in Italien hat erstmals offiziell eine Mitschuld an der Polizeigewalt gegen Demonstranten am Rande des G8-Gipfels in Genua 2001 eingeräumt. »Ich sage klar und deutlich, dass es Folter gab«, sagte der italienische Polizeichef Franco Gabrielli am Mittwoch der Tageszeitung »La Republicca«.
Gabrielli sprach über die damaligen Vorfälle, einen Monat nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Italien zum zweiten Mal wegen des brutalen Vorgehens der Polizisten verurteilt hatte. Seit Anfang Juli gilt Folter in dem Land zudem als Straftatbestand.
Gabrielli nannte das Sicherheitskonzept des Gipfels der großen Industrienationen im Jahr 2001 »eine Katastrophe«, betonte aber auch, dass sich bei der Polizei in Italien seitdem viel geändert habe, wie der relativ friedliche Ablauf der EU- und G7-Treffen in diesem Jahr gezeigt habe.
Das dreitägige Gipfeltreffen im Juli 2001 war von starken Protesten begleitet. Bei Ausschreitungen und Zusammenstößen mit der Polizei wurden etwa 500 Menschen verletzt, der Demonstrant Carlo Guiliani starb. Im Urteil heißt es, Beamte hätten systematisch mit Knüppeln auf G8-Gegner eingeschlagen, sie getreten und manche sogar mit Möbeln beworfen. Einige Demonstranten hätten dauerhafte Verletzungen davongetragen. Das Vorgehen sei wahllos und unverhältnismäßig gewesen, da die Polizei nicht mit einer unmittelbaren Gefahr konfrontiert gewesen sei.
Im April hatte Italien zudem angekündigt an 16 Opfer der Polizeigewalt Entschädigungszahlungen auszuzahlen. »Die chilenische Nacht«, so wird von der Presse die Nacht vom 21. auf den 22. Juli 2001 genannt. Damals brachen Polizeieinheiten in Genua in die Diaz-Schule ein und schlugen die dort schlafenden Demonstranten brutal zusammen. Viele von ihnen brachte die Polizei anschließend in die Kaserne Bolzaneto, in der etwa 200 Menschen festgehalten wurden. In Bolzaneto wurden sie stundenlang physisch sowie psychologisch gefoltert.
Im Hinblick auf die Ausschreitungen des G20-Gipfels vergangene Woche in Deutschland sagte Italiens Polizeichef Gabrielli: »Schauen Sie, was in Hamburg passiert ist. Und schauen Sie, was stattdessen beim diesjährigen G7-Gipfel in Taormina auf Sizilien passiert ist«. Die italienische Polizei setze nun auf Prävention statt auf Repression, um die Protestler friedlich zu begleiten. nd /dpa
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