Bekämpfung von Aids als Sisyphusarbeit

Der Welt-Aids-Bericht vermeldet Erfolge im Kampf gegen die Immunschwächekrankheit. Doch es gibt Regionen, die Anstiege vermelde

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Zahl der Aids-Toten hat sich innerhalb eines Jahrzehnts weltweit halbiert. Ebenso ging die Zahl der Neuinfektionen deutlich zurück, wie die UN-Organisation UNAIDS am Donnerstag in Paris berichtete. Diese guten Nachrichten wurden im Vorfeld der diesjährigen Welt-Aids-Konferenz veröffentlicht, die am Sonntag in der französischen Hauptstadt beginnt.

UNAIDS hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Immunschwächekrankheit als Bedrohung der öffentlichen Gesundheit weltweit zu besiegen, und sich dafür Etappenziele gesetzt. So sollen bis zum Ende dieses Jahrzehnts 90 Prozent aller mit dem HI-Virus infizierten Menschen wissen, dass sie infiziert sind. Bis 2020 sollen zudem 90 Prozent aller Menschen mit einer diagnostizierten HIV-Infektion eine antiretrovirale Therapie erhalten und bei 90 Prozent der Behandelten die Viruslast unter der Nachweisgrenze liegen. Schweden war Ende 2015 das erste Land, welches das 90-90-90-Ziel nur ein Jahr nach der Ausrufung erreichte. Laut dem aktuellen Weltaidsbericht sind sechs weitere hinzugekommen: Botswana, Kambodscha, Dänemark, Island, Singapur sowie Großbritannien. Viele weitere Staaten stehen kurz davor. Deutschland ist noch nicht so weit: Etwa 13 000 Menschen wissen nichts von ihrer Infektion, mehr als 1000 erkranken jährlich neu.

Bei genauerer Betrachtung relativieren sich auch die globalen Erfolge etwas. Auch wenn der Höchststand von 3,5 Millionen Neuinfektionen 1997 erreicht worden war, steckten sich 2016 immer noch 1,8 Millionen Menschen neu mit dem HI-Virus an. Die Zahl der Behandelten ist so hoch wie nie zuvor: Mit 19,5 Millionen Menschen haben über 50 Prozent der Infizierten Zugang zu Medikamenten. Besonders wirksam war die Aids-Bekämpfung im östlichen und südlichen Afrika, wo etwa die Hälfte aller Infizierten lebt und seit 2010 die Zahl der Todesfälle um 42 Prozent gesunken ist.

Die Erfolge werden vor allem auf den erheblich besseren Zugang zu HIV-Therapien zurückgeführt. Jedoch müssten nach WHO-Empfehlungen alle Infizierten behandelt werden, nicht nur jene, bei denen die Aids-Erkrankung bereits ausgebrochen ist. Frühe Behandlung verhindert nämlich schwere Komplikationen und vermindert die Ansteckungsgefahr. Der Ansatz scheiterte bisher an mangelnden Ressourcen.

UNAIDS arbeitet derzeit unter anderem mit Ärzte ohne Grenzen und der Afrikanischen Union an der Erstellung eines Planes für West- und Zentralafrika, das gegenüber dem restlichen Kontinent weit zurückliegt. Hier kennen nur 42 Prozent der Infizierten ihren Status, nur 35 Prozent erhalten eine angemessene Therapie.

Besonders besorgniserregend ist laut dem neuen Bericht die Situation in zwei Gebieten: dem Nahen Osten und Nordafrika sowie Osteuropa und Zentralasien. Im letztgenannten Gebiet stieg die Zahl der Neuinfektionen zwischen 2010 und 2016 um 60 Prozent auf 190 000, die der Toten um ein Drittel. Hier machten Drogenabhängige 42 Prozent der Neuinfektionen aus. In Russland stieg die Fallzahl seit 2010 sogar um 75 Prozent. In Albanien, Armenien und Kasachstan breitet sich die Epidemie ebenfalls rasant aus. Obwohl sich der Zugang zur HIV-Behandlung in der Gesamtregion in den letzten Jahren mehr als verdoppelte, bleiben immer noch über 70 Prozent der Menschen mit Virus unbehandelt. Dabei ist zwei Dritteln der Angesteckten ihr HIV-Status bekannt.

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