Die Aufstiegshelden müssen liefern
Der FC Carl Zeiss Jena erlebt in Wiesbaden sein erstes Drittligaspiel seit fünf Jahren
Am Freitag begann für den FC Carl Zeiss Jena eine neue Zeitrechnung. Die Thüringer fuhren mit dem Mannschaftsbus nach Hessen. Am heutigen Samstag (14 Uhr) werden sie beim SV Wehen Wiesbaden ihr erstes Drittligaspiel nach fünf Jahren Abstinenz bestreiten. Jenas Fanbeauftragter Matthias Stein rechnet mit rund 1000 Anhängern, die mitreisen. »Es wird schon ein bisschen kribbeln«, sagt Jenas Trainer Mark Zimmermann, »aber das ist normal.«
Vorbei sind die harten Spielzeiten in der Regionalliga Nordost. Endlich darf sich die Mannschaft wieder überregional zeigen. Die Vorfreude ist groß, vor allem die Ostderbys gegen den Chemnitzer FC, Rot-Weiß Erfurt, Halleschen FC, 1. FC Magdeburg, Hansa Rostock und den FSV Zwickau bringen die Zeiss-Fans in Wallung.
Ihre Sehnsucht nach größerem Fußball war nach dem Start-Ziel-Sieg in der Regionalliga Nordost schon in der Relegation gegen den West-Meister Viktoria Köln (3:2, 0:1) spürbar. Beim Hinspiel in Köln unterstützten 5000 Jenaer ihre Mannschaft. Zum Rückkampf im Erst-Abbe-Sportfeld drückten 13 600 von 13 800 Besuchern den Nachfahren des dreifachen DDR-Meisters und Europapokalfinalisten von 1981 die Daumen. »In den beiden Spielen gegen Viktoria Köln hat man die Erwartungshaltung in Jena gesehen. Die Fans haben uns mit in die 3. Liga geschrien. Endlich spielen wir wieder da«, sagt Trainer Zimmermann. »Wir werden aber nicht wie im letzten Jahren mit acht Siegen in Folge starten. Es sind neue Heranforderungen für uns.«
Das große Erbe aus DDR-Zeiten und die folgenden acht Zweitligaserien im gesamtdeutschen Fußball sind für die Entwicklung des Jenaer Fußballs nach 1990 nicht unbedingt förderlich gewesen. Vereinsführung und Fans wollten in der Regel sportlich immer mehr als letztendlich erreicht wurde. Der Durchmarsch von der vierten in die zweite Liga zwischen 2004 und 2006, der Klassenerhalt in der 2. Liga 2007 und das Erreichen des DFB-Pokal-Halbfinales 2008 ließen Jenas Fußball-Licht noch mal aufflackern.
Doch spätestens nach dem Abstieg aus der 3. Liga im Sommer 2012 herrschte Tristesse. Die Hoffnung auf einen Wiederaufstieg schwand von Jahr zu Jahr. Die Endplatzierungen seit der Saison 2012/13 mit den Rängen zwei, drei, vier und sieben sorgten für Frust. Der Abwärtstrend wurde erst mit dem neuen Trainer Mark Zimmermann unterbrochen. Der Jenaer Aufstiegsheld der 1990er und 2000er Jahre führte die Elf auf Anhieb zur Regionalligameisterschaft.
Die Aufstiegsmannschaft ist zusammengeblieben. Von den Stammspielern ist nur Abwehrchef René Klingbeil nicht mehr dabei. Er beendet die Karriere. Unter den Neuzugängen liegen die größten Erwartungen auf Mittelfeldspieler Jan Löhmannsröben vom 1. FC Magdeburg und Abwehrspieler Marius Grösch, der vom 1. FC Kaiserslautern II nach Jena zurückkehrte. Gesucht wird noch nach einem Außenverteidiger und einem Stürmer.
Obwohl Jena seit Jahren mit dem belgischen Investor Roland Duchatelet zusammenarbeitet, werden keine teuren Spieler verpflichtet. »Wir haben keinen Goldesel im Keller zu stehen. Wir hatten nicht vor, nach dem Aufstieg das Team auszutauschen. Wir geben den Jungs die Chance, sich zu etablieren«, sagt Zimmermann. Ein gravierender Nachteil ist allerdings, dass in der kommenden Saison die U19 des Vereins nicht mehr in der A-Junioren-Bundesliga vertreten ist.
Jenas Kader ist noch zu dünn besetzt, erst recht zum Auftakt. Mit Defensivmann Sören Eismann, Mittelfeldspieler Niclas Erlbeck und Angreifer Manfred Starke fallen gleich drei potenzielle Stammspieler verletzt aus. Unabhängig davon ist das Saisonziel bescheiden. An einen Durchmarsch in die 2. Liga denkt niemand. »Wir wollen uns so schnell wie möglich an die 3. Liga gewöhnen. Wir haben viele unerfahrene Spieler«, erklärt Zimmermann. »Wir wollen auch auf diesem Niveau bestehen. Und natürlich möchten wir auch in der nächsten Saison in Jena Drittligafußball erleben.«
Der Verein kann davon profitieren. Ende des Jahres stellt die Kommune wieder Flutlichtmasten auf. Die hatte die Stadt im Sommer 2013 nach einem Hochwasser schleifen lassen. Im Herbst 2018 soll es sogar den Spatenstich für ein neues Stadion an alter Stätte geben.
Jena will mittelfristig den Fußball wieder rocken. Auf ihrem Trikot tun das die Thüringer schon. Die Brust der Spieler ziert das Logo der »Wacken Foundation«, die als gemeinnützige Stiftung Bands aus der Hardrock- und Heavy-Metal-Szene fördert.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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