Der goldene Schuss
222 Millionen Euro für einen Spieler - eine neue Dimension des Fußballkapitalismus
Berlin. Spitzenfußball der Männer - das sind längst immer auch 22 Millionäre, die einem Ball hinterherlaufen. Was die Vergoldung des runden Geschäfts betrifft, scheinen mit dem Transfer des brasilianischen Fußballstars Neymar vom FC Barcelona zu Paris Saint-Germain neue Dimensionen beschritten. Zwar ist der Deal noch nicht endgültig bestätigt. Auch hat die spanische Liga die Überweisung der Ablösesumme von 222 Millionen Euro durch Neymars Rechtsvertreter zunächst nicht akzeptiert. Doch sieht alles danach aus, dass der Wechsel vollzogen und Neymar nebenbei noch als Werbeträger für die WM 2022 im derzeit politisch isolierten Katar eingekauft wird - der Pariser Klub gehört einer katarischen Investorengruppe.
Ganz sicher ist die Debatte um den Vorgang nicht mehr zu stoppen. Uli Hoeneß, dessen FC Bayern München vor Monatsfrist mit 41,5 Millionen Euro für Corentin Tolisso den bisher teuersten Einkauf der Bundesliga tätigte, sieht genau jetzt die Grenzen zum »Wahnsinn« überschritten. »Pathologisch« nennt es Sportphilosoph Elk Franke, »wenn nicht ein Hedgefonds, sondern die begrenzte Fähigkeit eines Menschen für 222 Millionen verlagert wird«. Das sei nur noch mit Summen vergleichbar, die man aus dem Bankensektor kenne, sagt er - und hat Unrecht: Die Gagen der teuersten Schauspieler oder Sänger sind durchaus vergleichbar; das derzeit teuerste Gemälde, lange nach dem Tod des Künstlers verkauft, hatte in etwa den Preis des bisher teuersten Spielers Paul Pogba.
Treffender ist also mit Freiburgs Trainer Christian Streich von einem »irrealen Bereich« zu sprechen, der allerdings Realität geworden ist. Mit den Fähigkeiten eines Menschen oder seiner Arbeit hat das nichts mehr zu tun. Wohl aber mit Geldanlagen im Kapitalismus, dessen Funktionieren hier zu beobachten ist. rst Seite 18
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