Leiharbeit legt um 4,4 Prozent zu
Zahl der Beschäftigten in der prekären Branche hat sich seit 2003 verdreifacht / Anteil am Arbeitsmarkt in Bremen und Thüringen besonders hoch / LINKE spricht von »organisierter Lohndrückerei«
Berlin. Die Leiharbeit hat nach Zahlen der Bundesregierung in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt. Im Dezember 2016 gab es mit 993.000 fast eine Million Leiharbeitskräfte, 4,4 Prozent mehr als 2015. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der LINKEN hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Im Vergleich zu 2013 sei das ein Anstieg um 16,4 Prozent. Und seit 2003 habe sich die Zahl sogar verdreifacht.
Leiharbeit sei vor allem durch sehr kurze Arbeitsverhältnisse geprägt, erläuterte der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Klaus Ernst. 54 Prozent der Arbeitsverhältnisse waren spätestens nach drei Monaten beendet. Und lediglich 22,3 Prozent dauerten länger als neun Monate. Länger als 15 Monate dauerten demnach nur 14,1 Prozent.
Der Anteil von Leiharbeitskräften ist den Angaben zufolge in Bremen und Thüringen besonders hoch. Während der Anteil bundesweit bei 2,7 Prozent liege, werde er in diesen Bundesländern mit 4,7 Prozent und 3,9 Prozent ausgewiesen, sagte Ernst.
Er kritisierte: »Leiharbeit ist organisierte Lohndrückerei, die mittlerweile eine fatale Rolle auf dem Arbeitsmarkt spielt. Die einzigen, die davon profitieren, sind Arbeitgeber.« Der Durchschnittslohn in der Leiharbeit liegt den Angaben zufolge bei gerade einmal 58 Prozent des allgemeinen Durchschnittslohn. 1816 Euro pro Monat bei Leiharbeit stünden 3133 Euro bei Vollzeittätigkeit gegenüber.
Fast die Hälfte der Leiharbeitskräfte, deren Arbeitsverhältnis beendet wurde, war nach 30 Tagen immer noch ohne Beschäftigung. 26 Prozent hatten nach 30 Tagen ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis außerhalb der Leiharbeit gefunden. Jeder Fünfte hatte wieder ein Leiharbeitsverhältnis.
Von einer Brücke in reguläre Beschäftigung könne bei der Leiharbeit also keineswegs die Rede sein, so Ernst. »Vielmehr handelt es sich um eine Form prekärer Beschäftigung, die durch kurze, sich aneinander reihende Arbeitsverhältnisse mit niedrigen Löhnen geprägt ist.« Leiharbeiter würden mit Dumpinglöhnen abgespeist, hätten schlechtere Arbeitsbedingungen und eine hohe Wahrscheinlichkeit, nach kurzer Zeit erneut arbeitslos zu sein.
Die SPD habe 2016 die Chance gehabt, Leiharbeit schärfer zu regulieren. Stattdessen habe sie die Lage per Gesetz noch verschlechtert, kritisierte der Linken-Politiker. »Leiharbeit gehört mindestens so reguliert wie in Frankreich: Gleicher Lohn bei gleicher Arbeit plus ein zehnprozentiger Flexibilitätszuschlag. Wenn es die SPD mit sozialer Gerechtigkeit ernst meint, darf sie nicht ständig vor der Arbeitgeberlobby einknicken.« Agenturen/nd
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