»Du endgeiler Ficker«
Dunja Hayali antwortete forsch auf einen sexistischen Kommentar - und Facebook löschte ihren Beitrag
Wie reagiert man sinnvoll auf sexistische Beleidigungen im Netz? Die meisten Frauen in der Öffentlichkeit sehen sich täglich mit dieser Frage konfrontiert. Klar, löschen, blockieren, melden, das geht schnell. Doch kommen auf Twitter und Facebook stets viele Nutzer nach, die die Beleidigungen ihrer Vorgänger nahtlos fortführen. Öffentlich bloß stellen und einen Spiegel vorhalten, für diese Lösung entschied sich am vergangenen Sonntag die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali.
»dunja hayali du nutte warum so ein hass auf türken?«, so begann die Nachricht eines Nutzers, die Hayali nach einer Sendung über Abschiebung erhalten hatte. Sie sei »genau so eine falsche ratte wie der rest von deinem land.« Hayali postete ein Bildschirmfoto des Kommentars und verfasste dazu einen Beitrag, der die Argumente und Wiederholungen exakt wiederholte, nur tauschte sie einzelne Wörter aus.
So beginnt ihr Post mit den Worten »Emre ... du endgeiler Ficker warum so ein hass auf deutsche??« Während der Nutzer gefragt hatte, ob es Demokratie sei, wenn Hayali Kommentare lösche, fragt sie zurück: »ist Das eigentlich demokratie wenn du einfach leute anscheißt im netz und ihre timeline vollkotzt?« Dabei wiederholte sie auch die Rechtschreibfehler des Nutzers.
Eigentlich eine gekonnte Retourkutsche – zumal Hayali den Nutzer vor weiterer Hetze schützte, indem sie seinen Nachnamen schwärzte. Doch Facebook löschte den Post mit dem Hinweis darauf, dass er »gegen die Gemeinschaftsstandards« verstoße. Nachdem die Moderatorin dies am Dienstag öffentlich machte, entschuldigte sich das Unternehmen jedoch und machte die Löschung rückgängig. »Unsere Reporting-Systeme sind dafür entwickelt, Menschen vor Missbrauch, Hassrede und Mobbing zu schützen und wir bedauern, dass gelegentlich Fehler gemacht werden, wenn solche Reports bearbeitet werden - wie jetzt im Fall von Dunja Hayali«, sagte eine Sprecherin gegenüber dpa. »Wir wissen, dass es frustrierend sein kann, wenn solch ein Fehler passiert und entschuldigen uns hiermit dafür.«
Der Post erschien daraufhin wieder auf der Timeline der Moderatorin – allerdings nur für wenige Stunden. Inzwischen verfasste Hayali einen neuen Beitrag, in dem sie erklärt, der Nutzer habe sich am Telefon für sein Verhalten entschuldigt, woraufhin sie den Post selbst wieder gelöscht habe: »Es tut ihm sehr leid, auch, dass er nicht nur mich, sondern auch andere mit seinen Worten verletzt hat.« Die Sache sei damit für sie erledigt. Zuvor hatten über 28.000 Menschen ihre Antwort auf die Hetze geliked.
Frauenrechtsorganisationen machen immer wieder darauf aufmerksam, dass Frauen in den sozialen Medien verstärkt sexistischer Hetze ausgesetzt sind. Laut »Terre des Femmes« ist Facebook ein Medium, das verstärkt für Gewalt gegen Frauen ausgenutzt wird. Zuletzt sorgte ein von der rechten österreichischen Boulevardzeitung »Kronenzeitung« initiierter Shitstorm gegen die Autorin und Bachmann-Preisträgerin Stefanie Sargnagel für Aufmerksamkeit. Auch hier hatte Facebook nicht die sexistischen Kommentare gelöscht, sondern die Autorin selbst gesperrt.
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