Interesse an Cannabis als Arzneimittel wächst

Sachsen-Anhalt: 2017 wurden bisher mehr als 100 Anträge bei der AOK eingereicht - oft reicht jedoch die medizinische Indikation nicht aus

  • Lesedauer: 2 Min.

Magdeburg. Patienten in Sachsen-Anhalt fragen zunehmend nach Cannabis als Medizin nach. »Das Patienteninteresse an Cannabis-Arzneimitteln ist seit der Gesetzesänderung deutlich spürbar«, sagte der Sprecher der AOK Sachsen-Anhalt, Sascha Kirmeß. In diesem Jahr seien mehr als 100 Anträge auf Kostenübernahme eingegangen, im Vorjahr seien es 16 gewesen. Auch die Barmer verzeichnet eine spürbare Zunahme der Anträge, sagte Sprecher Thomas Nawrath. »Darunter sind auch etliche Anträge, die nicht oder nicht ausreichend medizinisch indiziert waren.« Seit März haben gesetzlich Krankenversicherte einen Anspruch darauf, dass ihre Kasse unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für Medikamente auf Cannabis-Basis übernimmt. Damit soll der Schmerz schwer kranker Menschen besser gelindert werden. Zuvor musste eine Erlaubnis beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eingeholt werden.

AOK-Sprecher Kirmeß betonte, dass Krankenkassen und Ärzte vor Herausforderungen stünden, weil es bislang keine Erfahrungen in diesem Bereich gebe. »Deshalb lassen wir jeden Fall durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) sorgfältig prüfen.« Somit seien von gut 100 Anträgen 56 genehmigt worden, in 17 Fällen gebe es noch keine Entscheidung. 31 Anträge seien abgelehnt worden. Viele Anträge entsprächen nicht den gesetzlichen Voraussetzungen oder es sei eine alternative Therapie möglich gewesen. Auch die Barmer schaltet den MDK für die Prüfung ein, sagte Sprecher Nawrath. Es habe 22 Genehmigungen und 20 Ablehnungen gegeben. Die Techniker Krankenkasse wertet laut einer Sprecherin nicht aus, in welchen Ländern die Anträge eingehen, bundesweit seien es im ersten Halbjahr 863 gewesen. Aktuell seien davon 522 genehmigt worden. Der MDK hat einer Sprecherin zufolge keine validen Zahlen zu den Aufträgen und Begutachtungsergebnissen zu Cannabis-Verordnungen, die auch andere, kleinere Krankenkassen einbeziehen würden. Von der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt hieß es, es gebe mehr Rückfragen der Apotheker zu Cannabis-Verordnungen. Daten zu den ausgegebenen Mengen lägen aber nicht vor, sagte eine Sprecherin.

Mehr als jeder zweite Deutsche ist einer Umfrage zufolge für die Legalisierung von Cannabis. Rund 57 Prozent finden, dass Cannabis in Deutschland legal zugänglich gemacht werden sollte, wie eine kürzlich veröffentlichte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Mafo.de für das Magazin »Playboy« ergab. Neun von zehn der Befragten zeigten sich überzeugt, dass das geltende Verbot die Menschen nicht davon abhält, Cannabis zu erwerben und zu konsumieren. Agenturen/nd

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.