Der gelassene «Panzer»

CDU-Mann Bernd Althusmann will in Niedersachsen mit Sicherheitskonzept punkten

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 4 Min.

Fröhlich und gelassen« werde die CDU in »die kommende Wahlauseinandersetzung« gehen, verkündet Bernd Althusmann vor der Presse. Das Wort Wahlkampf vermeidet er. Und ohne kämpferisches Getöse ist dann auch seine Bewertung der teils giftigen rot-grünen Reaktionen auf die aktuellen Vorgänge im Land, auf den Wechsel der Abgeordneten Elke Twesten von der Ökopartei zur Union.

Die derzeit Regierenden hätten sich im Umgang mit einer Krise »wenig souverän« gezeigt, sagt der Mann, der Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ablösen will. Nicht wie ein auf Angriff gebürsteter Wahlkämpfer sagt das der Pastorensohn Althusmann, eher wie ein väterlich-besorgter Ratgeber. Hat ihn sein zweieinhalbjähriger Arbeitsaufenthalt in Südafrika, fernab vom politischen Geschäft, tatsächlich »gelassener gemacht«, wie er selbst berichtet?

Das mögen sich jene fragen, die den Politiker zu schwarz-gelben Regierungszeiten in Hannover erlebt haben. Als Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion, kämpferisch, die politischen Gegner nicht selten scharf attackierend. Als »robust« klassifizierten Beobachter sein Auftreten, das ihm den Spitznamen »Panzer« einbrachte. Er liebt ihn nicht.

Nun rollt »Panzer« in Richtung Regierungsbank. Seine Chancen, deren Chefsessel zu erobern, stehen nicht schlecht. Die Umfragewerte der SPD sind gesunken, lassen kaum eine neue rot-grüne Koalition erwarten. Will Althusmann sie durch ein schwarz-gelbes Bündnis ablösen? Eine der wenigen Fragen, die der Kandidat nicht beantwortet. Nur so viel: Koalieren mit AfD oder LINKER schließt er aus.

Eine Absage hat er jüngst auch der derzeitigen Präsenz des Landes durch zwei Regierungsmitglieder im VW-Aufsichtsrat erteilt. »Wir wollen Volkswagen aus der Umklammerung durch die Politik befreien«, kündigt Althusmann an. Neben ihm als Ministerpräsident solle als zweiter Landesvertreter ein externer Experte in dem Gremium wirken. Derzeit sitzen darin Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) und Ministerpräsident Weil.

Der ist angeschlagen durch die Regierungskrise, genießt allerdings bei Wählerinnen und Wählern einen Bekanntheitsbonus gegenüber seinem Herausforderer. Im Januar hatte der NDR 1000 Niedersachsen gefragt: Kennen Sie Bernd Althusmann? Nein, antworteten 41 Prozent.

Nur noch wenige Wochen bleiben dem Kandidaten, um ihnen nahezubringen, was er will und wer er ist. Ein Niedersachse. Aufgewachsen in Oldenburg und Lüneburg, Reserveoffizier der Bundeswehr, Diplompädagoge und diplomierter Betriebswirt mit Doktortitel, zum zweiten Mal verheiratet, Vater von drei Kindern.

Den bisherigen Höhepunkt seiner politischen Karriere erlebte der 1994 in den Landtag gewählte Lüneburger, als ihn der damalige Ministerpräsident David McAllister (CDU) 2010 zum Kultusminister machte. Als solcher war Althusmann 2011 Präsident der Kultusministerkonferenz, die sich ausdrücklich der »Sicherung des Qualitätsstandards in Schule und Hochschule« verpflichtet weiß. Ausgerechnet in dieser Position ereilte den Unionsmann der Vorwurf, seine Doktorarbeit sei streckenweise ein Plagiat. Eine Kommission prüfte die Sache und befand: Absichtlich oder grob fahrlässig getäuscht oder Urheberrechte anderer Autoren verletzt, habe der Doktorand nicht. Allerdings enthalte die Dissertation »Mängel von erheblichem Gewicht«.

Die nächste böse Botschaft für Althusmann ließ nicht lange auf sich warten. Bei der Landtagswahl 2013, die SPD und Grünen ihre Einstimmenmehrheit bescherte, kam er nicht wieder ins Parlament. Er verzog nach Afrika, leitete in Windhoek das Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung für Namibia und Angola.

Doch schon bald fiel sein Name in CDU-Personaldebatten zur Landtagswahl. Wieder lockte die Politik, der Niedersachse kehrte heim, arbeitet seither bei einer Personalagentur, wurde von seinen Parteifreunden zu deren Landeschef und Spitzenkandidat gewählt.

Wird aus dem Kandidaten ein neuer Ministerpräsident, kehrt voraussichtlich viel Altes in die Niedersachsenpolitik zurück: der aus schwarz-gelben Regierungsjahren vertraute CDU-Kurs. Hardliner, die hinter jedem schwarzen Bart und Nikab den Sprengstoffgürtel wittern, würden unter Althusmann fröhliche Urständ feiern. Hat er doch ein Sicherheitskonzept vorgestellt, das besonders Asylbewerber und Flüchtlinge im Visier hat. Die sollen ihren Wohnsitz nicht mehr frei wählen dürfen, und für »Gefährder« will Althusmann elektronische Fußfesseln, Kontaktverbote, eingeschränkten Handyverkehr und »präventiven Hausarrest«. Einsperren, kontrollieren - das zieht beim Wähler in als unsicher empfundenen Zeiten. Das weiß Althusmann, und so fordert er: Moscheen, »in denen radikalislamistische Hassprediger oder Salafisten verkehren, müssen stärker überwacht werden«. Aber nicht nur sie. Auch die Videoüberwachung in U-Bahnen und »sensiblen öffentlichen Bereichen« stehen auf der To-do-Liste des Kandidaten.

Wenn all dies im Parlament diskutiert wird, dürfte Bernd Althusmann, so er denn sein Ziel erreicht, wohl kaum noch so gelassen und ruhig argumentieren wie jetzt mit Blick auf die Regierungskrise. Sondern so, dass er seinem Spitznamen »Panzer« wieder alle Ehre macht.

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