Schalke aus dem Kopf
Der BFC Dynamo muss sich nach starkem Pokalauftritt auf die Regionalliga konzentrieren
Nach dem Abpfiff standen die Spieler des BFC Dynamo in einer großen Traube enttäuscht auf dem Rasen des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks in Berlin. Die Viertligafußballer hatten Schalke 04 am Montagabend in der ersten Runde des DFB-Pokals einen großen Kampf geboten. 77 Minuten lang fielen keine Treffer. Spät, aber verdient setzte sich jedoch der Erstligist doch noch mit 2:0 durch. Die Entscheidung führte Doppeltorschütze Jewhen Konopljanka erst in der Schlussphase herbei.
Ganz leer ging der BFC allerdings nicht aus. Ein paar Andenken blieben in Berlin: Torwart Bernhard Hendl bekam als Spieler des Spiels eine Trophäe, und die Gäste ließen ein paar Trikots da, die sie mit den Regionalligakickern tauschten. Dazu gab’s lobende Worte. »Ein Kompliment an den BFC für seine Leistung. Es war jederzeit fair, aber im positiven Sinne sehr aggressiv. Je länger so ein Spiel 0:0 steht, umso schwieriger wird es«, sagte Schalkes Trainer Domenico Tedesco. »Es war für uns kein Spaziergang. Wir hatten Glück, dass wir nicht mit 0:1 in Rückstand geraten sind. Da hat uns Torwart Ralf Fährmann am Leben erhalten.«
In der Tat hatte der BFC einige Male dicht vor dem Führungstreffer gestanden. Die größten Gelegenheiten ließen Matthias Steinborn wenige Minuten vor der Halbzeitpause und David Kamm Al-Azzawe kurz danach jedoch aus. Bei beiden Aktionen konnte Fährmann in seinem ersten Pflichtspiel als Kapitän der Königsblauen glänzen. Schalkes bisheriger Spielführer Benedikt Höwedes stand nicht einmal im Kader. Er werde nach seiner Leistenoperation für den Bundesligasauftakt am kommenden Samstag daheim gegen Vizemeister RB Leipzig noch geschont, hieß es aus dem Schalker Lager.
Die Gastgeber interessierte die Aufstellung des Favoriten ohnehin kaum, sie wollten als Einheit Gegenwehr leisten, und das gelang eindrucksvoll. »Wir haben ein sehr gutes Spiel abgeliefert«, meinte Kapitän Bilal Cubukcu. »Es gab auf beiden Seiten Torgelegenheiten. Und gegen eine Mannschaft wie Schalke 04 Torchancen herauszuspielen, ist schon mal sehr gut.«
Ein Treffer gelang freilich auch der aktuellen Generation des BFC Dynamo im sechsten Anlauf im DFB-Pokal nicht. 1991 gegen den SC Freiburg (0:2), 1999 gegen Arminia Bielefeld (0:2), 2011 gegen den 1. FC Kaiserslautern (0:3), 2015 gegen den VfB Stuttgart (0:2) und 2015 gegen den FSV Frankfurt (0:2) war ebenfalls schon in der ersten Runde Schluss - immer torlos.
Nun gilt es, den trotzdem erkennbaren Schwung in die Regionalliga mitzunehmen. »Wenn wir so wie gegen Schalke auftreten, werden wir auch in der Regionalliga sehr gute Spiele abliefern und Tore schießen«, sagte Mittelfeldmann Cubukcu. Saisonziel sei es, in der Tabelle oben dran zu bleiben. Cubukcu glaubt, dass Staffelfavorit Energie Cottbus noch Punkte liegen lassen werde.
Der BFC konnte also sportlich mit dem Auftritt für sich werben. 14 117 Besucher bedeuteten zudem einen Nachwenderekord auf den Tribünen. Mal sehen, wer am frühen Sonntagnachmittag auch zum nächsten Heimspiel gegen den Berliner Aufsteiger VSG Altglienicke wiederkommt. Vermutlich verlieren sich dann nur noch rund 2500 Fans im weiten Jahn-Sportpark, auch wenn Dynamo dann als klarer Favorit auflaufen wird. Diesen Spagat muss der BFC hinbekommen. »Jetzt geht es darum, Schalke aus dem Kopf zu bekommen - und Altglienicke rein. Wir wollen ähnlich spielen, vielleicht mit einem besseren Ergebnis«, sagt Berlins Trainer René Rydlewicz.
Der Ex-Profi lobte die Atmosphäre im Stadion beim Spiel, zu der auch mehr als 4000 angereiste Gelsenkirchener beigetragen hatten. Auf den Rängen blieb alles im Rahmen, wenn man von einer größeren Pyrotechnikeinlage im BFC-Block absieht. Allerdings sah sich die Polizei genötigt, 91 BFC-Fans schon Stunden vor dem Spiel am Restaurant Zenner in Belrin-Treptow vorläufig festzunehmen. Erst nach Spielende wurden sie wieder entlassen. Die Anhänger hätten sich aggressiv und auffällig verhalten, teilte die Polizei mit, die so angeblich eine spätere Auseinandersetzung mit Schalker Anhängern an einem anderen Ort verhinderte.
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