Ada Colaus Worte, Trumps Tweets
Wie zwei Reaktionen auf den Anschlag von Barcelona den Unterschied zwischen sinistrer Terror-Ausbeutung und politischer Vernunft markieren
Der Terroranschlag von Barcelona ist auch Lehrstück über politische Vernunft, Haltung und Wahrheitsanspruch - erteilt auf der einen Seite von Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colau und auf der anderen vom US-Präsidenten. Donald Trump reagiert, wie üblich via Twitter, auf die tödliche Attacke in Spanien. Dies geschah zunächst in einer Weise, die man als politisch geschäftsmäßig bezeichnen könnte: Man verurteile die Tat und werde alles tun, was nötig sei, um zu helfen.
Doch dann legte Trump einen Tweet nach, ganz so, als ob der narzisstische Immobilienunternehmer im Weißen Haus die sinistre Selbstinszenierung außerhalb des Erwarteten sucht. »Study what General Pershing of the United States did to terrorists when caught«, schrieb er im Kurznachrichtendienst. »There was no more Radical Islamic Terror for 35 years!« Man solle im Kampf gegen Terrorismus die Methoden von General John Pershing studieren, so Trump: »Danach gab es 35 Jahre keinen islamistischen Terror mehr!«
Worauf der US-Präsident hier anspielt ist nicht nur hundertfach widerlegte Legende, die Äußerung zeugt auch von einem autoritären Machtverständnis und von einer äußert abfälligen Haltung gegenüber Muslimen. Pershing soll, darauf bezieht sich Trump entweder wider besseren Wissen oder weil es ihm egal ist, ob er selbst Fake News reproduziert, auf den Philippinen 50 muslimische Gefangene mit Projektilen exekutiert haben, die er zuvor in Schweineblut getaucht hatte. Mit dem Blut der für gläubige Muslime unreinen Tiere sei ihnen der Weg ins Paradies versperrt gewesen.
Laut Historikern gibt es nicht den geringsten Anlass, die Geschichte um Pershing für wahr zu halten, die sich angeblich in den Jahren der Moro-Rebellion (1899 bis 1913) zugetragen haben soll. Da Trump diese perfide Legende bereits im Wahlkampf 2016 zitiert hatte, darf man annehmen, dass ihm der Stand der Forschung inzwischen bekannt gemacht wurde.
Die Reaktionen auf das twitternde Irrlicht in Washington ließen dann auch nicht lange auf sich warten. Viele Menschen empörten sich über Trump, der per Lüge eine Exekution Gefangener glorifiziere, während die Welt noch um die Opfer des Anschlags von Barcelona trauere.
Wie eine Reaktion auch aussehen kann, hatte da bereits die Bürgermeisterin der katalanischen Metropole demonstriert. Ada Colau von Barcelona en Comú, einer aktivistischen Plattform, die mit Unterstützung der linken Podemos im Jahr 2015 bei den Kommunalwahlen die meisten Mandate errang, hatte ebenfalls im Kurznachrichtendienst Twitter auf die tödliche Attacke reagiert.
Colaus Worte markieren in weniger als 140 Zeichen die politische Differenz zwischen denen, die auch einen Terroranschlag für ihre Agenda ausnützen - und denen, die der Gewalt mit dem Maßstab der Vernunft die Stirn bieten: »Barcelona, Stadt des Friedens. Der Terror kann nicht ändern, was wir sind: Eine offene, mutige, solidarische Stadt.«
Am Freitag um 12 Uhr soll es eine Schweigeminute am Ort des Anschlages geben. »Es geht darum, zu zeigen, dass wir keine Angst haben und vereint sind gegen die Barbarei und für die Demokratie«, sagt Colau. Später bedankte sie sich noch für die internationale Unterstützung, die Barcelona in den schweren Stunden erfahren habe. Donald Trump hat zwar auch davon gesprochen. Aber er hat es nie so gemeint. mit Agenturen
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