Bundesregierung: Neonazis nicht an G20-Protest beteiligt
Antwort auf LINKE-Anfrage stellt Berichte über Rechtsradikale bei Hamburger Krawallen in Frage
Berlin. Nach Auskunft der Bundesregierung spielte die Beteiligung von Neonazis keine Rolle für die Krawalle während der G20-Proteste in Hamburg. Das geht aus einer Antwort auf eine Anfrage der LINKEN hervor, über die das ARD-Magazin »Panorama« berichtet. Demnach lägen der Regierung keine Erkenntnisse über eine »organisierte Teilnahme« von Neonazis an den Protesten vor. Auch habe es keine Festnahmen von Rechtsradikalen im Schanzenviertel gegeben.
Nach den Gipfelprotesten hatten einige Medien von einer größeren Beteiligung Rechtsradikaler an den Krawallen berichtet. Der Videojournalist Andreas Scheffel gab im Interview mit dem SWR an, in seinen Materialien über 70 Neonazis identifiziert zu haben. Das Nachrichtenportal »Thüringen24« legte nach und berichtete, zwei Neonazi-Gruppen hätten bestätigt, sich an den Krawallen beteiligt zu haben: das rechtsradikale Netzwerk »Antikapitalistisches Kollektiv« sowie die Jugendorganisation der NPD, »Junge Nationaldemokraten«. Die »Bild« titelte: »Neonazis mischten bei G20-Krawallen mit«.
Mehrere Journalisten äußerten jedoch Zweifel an den Angaben (nd berichtete). Es sei kein Bildmaterial veröffentlicht worden, um die Aussagen über 70 Neonazis zu überprüfen. Zudem sei bekannt, dass sich Neonazis häufig mit der Beteiligung an linken Protesten brüsteten, ohne dies beweisen zu können. So sagte etwa Felix Steiner, Fachjournalist für die radikale Rechte, gegenüber »nd«: »Mich haben die Behauptungen sehr überrascht. Wir haben vor Ort mit rund 15 Kollegen niemanden gesehen. Daher sind wir ja auf die Belege zu diesen Behauptungen so gespannt.«
Belege lieferte Andreas Scheffel jedoch keine. Fest steht bis heute lediglich, dass die rechtsradikale US-Bloggerin und Anhängerin der »Identitären«, Lauren Southern, an der »Welcome to hell«-Demonstration teilnahm. Laut Steiner konnte auch bestätigt werden, dass rechte Hooligans in der Nacht auf Sonntag die linke Kneipe »Onkel Otto« nahe der Hafenstraße angegriffen haben. Zudem sollen sich am Samstag, den 8. Juli, elf rechte Hooligans am Hamburger Hauptbahnhof getroffen haben.
Wie »Panorama« berichtet, nahm die Polizei während des gesamten G20-Einsatzes drei Einzelpersonen fest, die den Behörden als »politisch rechts motivierte Straftäter« bekannt seien. Was ihnen konkret vorgeworfen werde, sei nicht bekannt, hieß es in der Antwort der Regierung auf die LINKE-Anfrage. Es habe lediglich eine rechtsradikale Demonstration gegen G20 gegeben: Im niedersächsischen Heidenau (Kreis Harburg) hätten sich insgesamt vier Neonazis versammelt. nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!