Gut gebrüllt, Löwe
Ellen Wesemüller zum Kampf Bildungssenat gegen Kopftuch
Mit Seyran Ateş, der feministischen Rechtsanwältin und muslimischen Kopftuchgegnerin, hat der Bildungssenat einen Coup gelandet: Es ist ihm mit dieser Personalie schwerer vorzuwerfen, dass es ihm beim Kopftuchverbot von Lehrerinnen a) darum geht, Frauen und b) eine Religion zu diskriminieren.
Es bleibt aber genau das - auch, wenn man sich die bisherige Rechtssprechung sowie das politische Urteil der Koalitionspartner anschaut, die zumindest die Novellierung des Berliner Neutralitätsgesetz anmahnen. Dagegen hat sich die Bildungssenatorin nun entschieden. Mit Ateş als Vertreterin des Landes Berlin vor dem Arbeitsgericht am Mittwoch und Donnerstag, das eine Klage einer versetzten Lehrerin verhandelt, wird nun personell und verbal schweres Geschütz aufgefahren: Man wolle sich notfalls bis zum Verfassungsgericht durchklagen, damit das geltende Recht bestehen bleibt.
Gut gebrüllt, Löwe, allerdings wäre der Senat dort eh gelandet, sobald er Revision in einem der beiden Fälle eingelegt hätte, in denen er bereits zu Schadensersatz verurteilt worden war, weil er Kopftuchträgerinnen gar nicht erst eingestellt hatte. Dagegen hatte er sich nicht gewehrt, jedoch nicht aus Einsicht, sondern aus Trickreichtum: Er stellt seitdem ein, aber antreten dürfen die Frauen ihren Dienst an Grundschulen trotzdem nicht.
Damit hat sich bestätigt, dass die SPD-geführte Bildungsverwaltung festhalten will an einem Gesetz, dessen Inkompatibilität mit der Verfassung auch der wissenschaftliche Dienst des Parlaments bezweifelte.
Das Gericht hatte argumentiert, dass der Senat nicht beweisen konnte, dass der Schulfrieden konkret gefährdet ist. Eine pauschale Gefahr sei unzureichend. Hier müsse nicht nach Schulart, sondern nach Bevölkerungszusammensetzung argumentiert werden. Vieles ließ die Begründung offen. Die Generaldebatte mit Koalitionspartnern und Parlament blieb aus. Nur die Haltung der SPD blieb gleich.
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