Verein holt Obdachlose an die Wahlurnen

Hilfe bei der Eintragung ins Wahlregister

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Hamburg. Die Gründe, aus denen Menschen in Deutschland auf der Straße landen, sind vielfältig. Dort einmal angekommen, lernen sie das Land aus einer Perspektive kennen, die sich die allermeisten Normalbürger kaum vorstellen können. Diesen Blickwinkel auch bei den anstehenden Bundestagswahlen zur Geltung zu verhelfen, hat sich eine Initiative aus Hamburg zum Anliegen gemacht. »Jeder sollte wissen, dass seine Stimme zählt«, sagt Nikolaus Migut, der den Hamburger Verein »Strassenblues« mitgegründet hat.

Allerdings ist es für Obdachlose nicht so einfach, ihre Stimme auch tatsächlich zählen zu lassen. Deswegen hat der Verein diese Woche eine Plakat- und Infoaktion gestartet, die den Betroffenen das Prozedere in einer zugänglichen Art und Weise erklärt.

Denn Staatsbürger ohne festen Wohnsitz müssen sich ihr Stimmrecht im Vorfeld sichern: Mangels Meldeadresse stehen sie nicht in den Wahlregistern und erhalten daher ihre Wahlbenachrichtigung nicht automatisch. Und anders als fest gemeldete Bürger, die gegen Vorlage eines Personalausweises im für zuständigen Lokal abstimmen können, ist für Obdachlose eine Wahlbenachrichtigung unerlässlich, warnte jüngst Hamburgs Landeswahlleiter Oliver Rudolf auf einer Veranstaltung.

Um diese Wahlbenachrichtigung zu erhalten, müssen sich Obdachlose nun bis zum 1. September ins Wählerverzeichnis eintragen lassen. Daran erinnert dieser tage auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, der Dachverband der Dienste und Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe in Deutschland.

Dafür ist aber ein schriftlicher Antrag möglich - ein Akt, der vielen Obdachlosen zunächst einmal fern liegt. Deshalb bietet die Initiative »Strassenwahl« Hilfe bei der Formalität. Gestellt werden können die Anträge überall dort, wo sich obdachlose Menschen gerade aufhalten - zuständig ist jeweils das lokale Wahlamt. Der Antrag ist formlos, spezielle Floskeln sind also nicht vonnöten.

Enthalten sein muss aber der volle Name und das Geburtsdatum, auch ist eine persönliche Unterschrift nötig. Abgegeben werden muss der Antrag aber nicht persönlich - hierbei können auch Dritte tätig werden, etwa ehrenamtliche Helfer; auch Sammelanträge sind möglich. Statt einer Postanschrift kann die Adresse der jeweiligen Gemeindeverwaltung angegeben werden. Vom 4. bis zum 8. September ist die Eintragung im Wahlamt persönlich überprüfbar. Bei einem weiteren Antrag ist auch Briefwahl möglich; dann kann eine schriftlich bevollmächtigte Person für bis zu vier Wahlberechtigte die Briefwahlunterlagen abholen.

Nicht nur in Hamburg, sondern auch in Berlin, Köln, Frankfurt, München und Stuttgart wollen laut Nikolaus Migut Helfer Obdachlose in diesem Sinne unterstützen. nd/Agenturen

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