»Ende Gelände« zieht positives Zwischenfazit
Kohleinfrastruktur im Rheinland am Freitag an mehreren Stellen blockiert / Polizei griff hart durch
Am Freitag starteten die »Ende Gelände«-Aktionen im Rheinland richtig durch. Während der Donnerstag noch im Zeichen der Aktionsvorbereitung stand, machten sich ab dem Freitagmorgen hunderte Menschen auf den Weg, um die Infrastruktur des Braunkohleabbaus lahmzulegen. Insa Vries vom Bündnis nennt den Aktionstag einen »ganz großen Erfolg«.
Die verschiedenen Blockadefinger hatten sich unterschiedliche Mottos gegeben, über die in den Blockaden diskutiert werden sollte. Etwa Queerfeminismus, Landwirtschaft oder Mobilität. Und das gelang den Aktivisten sogar. Etwa dem orangenen Finger, in dem – während die etwa 250 Aktivisten auf der Transportbahnstrecke für die Braunkohle saßen - eine Aktivistin aufstand und die Menschen dazu einlud, mit ihr gemeinsam einen Text über klimaneutrale Mobilität zu lesen.
Kurze Zeit später musste die Debatte allerdings unterbrochen werden, die Polizei wollte die Gleise wieder frei bekommen und räumte die Aktivisten dort weg. Diese Räumung zog sich allerdings bis in die späten Abendstunden hin, so dass der Energieriese RWE die Leistung des Kraftwerks Neurath um etwa 40 Prozent drosseln musste. Auch das sei »großartig«, so Insa Vries von »Ende Gelände«.
Allerdings spielten sich bei dieser Räumung und anderen auch unschöne Szenen ab. Aktivisten wurden teilweise unter dem Einsatz von sogenannten Schmerzgriffen von den Gleisen gezerrt und durften sich dabei nicht selten auch von Polizisten beschimpfen lassen. »Benimm dich normal, dann tut es auch nicht weh«, gehörte dabei zu den harmlosesten Formulierungen.
Insgesamt bot die Polizei ein sehr unterschiedliches Bild am Tag ab. Während die ersten Busse, die das Klimacamp in Erkelenz verließen, nach einer oberflächlichen Durchsuchung weiterfahren konnten, zählten bei der zweiten Gruppe Strohsäcke schon als »passive Bewaffnung«, die nach Angaben der Polizei dafür hergestellt wurden, um Zäune zu überwinden. Bei einer weiteren Gruppe wurden die weißen Maleranzüge, die zu einem Markenzeichen von »Ende Gelände« geworden sind, zum Problem. Vereinzelt gab es alerdings auch andere Szenen, etwa als ein Polizist eine Aktivistin wegführte und sein Verständnis für die Aktionen äußerte. Doch der repressive Eindruck überwiegt, viele Aktivisten wurden in die Gefangenensammelstellen in Mönchengladbach gefahren, unter ihnen auch zwei Fotojournalisten, die eine Aktivistengruppe in den Tagebau Garzweiler begleiteten.
Doch für »Ende Gelände« überwiegt das Positive. Eine strahlende Insa Vries freut sich besonders über die Vernetzung, die beim Klimacamp und dem Aktionstag deutlich geworden ist. Viele »Internationals« aus anderen Ländern sind in das Rheinland gekommen. Etwa aus den benachbarten Niederlanden, Polen oder Großbritannien. Außerdem sei es gelungen, die internationale Klimabewegung mit den lokalen Initiativen zu vernetzen.
Am Samstag wollen tausende Menschen, organisiert von lokalen Bürgerinitiativen, am Hambacher Forst eine symbolische Rote Linie ziehen, die RWE zeigen soll: Bis hierhin und nicht weiter! Im Hambacher Forst protestieren Klimaaktivisten und Einheimische seit Jahren gegen die Rodung des Waldes. Außerdem will die Gruppe »Kohle erSetzen« am Samstag eines der Kraftwerke im Rheinland mit einer gewaltfreien Sitzblockade lahmlegen, schließlich ist auch »Ende Gelände« noch nicht am Ende seiner Pläne.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.