Deutschland stoppt Abschiebungen nach Ungarn
Bundesrepublik weist bis auf weiteres keine Flüchtlinge nach Budapest aus / Pro Asyl spricht von einer überfälligen Entscheidung
Berlin. Aufgrund rechtlich unsicherer Bedingungen in Ungarn schiebt die Bundesregierung derzeit keine Flüchtlinge in das EU-Land gemäß der Dublin-Verordnung ab. Zwar würden weiterhin entsprechende Ersuchen an Ungarn gestellt, teilte die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der LINKEN-Abgeordneten Ulla Jelpke mit. Prüfungen hätten aber ergeben, dass Abschiebungen nur noch sehr eingeschränkt möglich seien. Spätestens seit dem 11. April sei kein Geflüchteter mehr von Deutschland aus nach Ungarn zurückgeschickt worden. Die Antwort der Bundesregierung lag der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag vor. Zuerst hatte das ARD-Hauptstadtstudio darüber berichtet.
Die Dublin-Verordnung sieht vor, dass dasjenige EU-Land für das Asylverfahren eines Flüchtlings zuständig ist, in dem er zuerst EU-Gebiet betreten hat. Die EU-Kommission hatte im Mai in der Frage ein bestehendes Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn vorangetrieben. Die Kommission kritisiert, dass Flüchtlingen in dem Land der Zugang zu einem EU-rechtskonformen Asylverfahren erschwert werde. Unbefristete Ingewahrsamnahmen von Asylbewerbern glichen systematischen Inhaftierungen.
Bei der Menschenrechtsorganisation »Pro Asyl« begrüßte man die Entscheidung aus Berlin und sprach von einem wichtigen, wenn auch reichlich späten Schritt. »Trotz der eklatanten Rechtsverletzungen, die Ungarns Regierung unter Victor Orbán in den letzten Jahren durchsetzte, konnte sich die Bundesregierung bislang zu keiner klaren Positionierung durchringen«, heißt es in einer Mitteilung.
Der einzige legale Zugang zum ungarischen Asylsystem erfolge derzeit nur noch »über das Nadelöhr der zwei Transitzonen in Röszke und Tompa«, wo seit Januar lediglich zehn Personen am Tag Zugang erhielten »und Schutzsuchende unter menschenunwürdigen Bedingungen ihr gesamtes Asylverfahren über festgesetzt werden«, beschreibt Pro Asyl die Zustände.
In den Monaten zuvor hatte Deutschland aus ähnlichen Gründen darauf verzichtet, Flüchtlinge nach Griechenland zu überstellen. Schrittweise sei die Dublin-Verordnung mit dem EU-Land nun wieder aufgenommen worden, schreibt die Bundesregierung. Im zweiten Quartal 2017 wurde allerdings noch kein Geflüchteter dorthin zurückgeführt. Agenturen/nd
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