Der totale Umbruch
An diesem Freitag beginnt die 24. Saison der Deutschen Eishockey Liga / Rekordmeister Eisbären Berlin startet zu Hause gegen Nürnberg
Folgt man einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter den Trainern der 14 Teams, so ist die Lage in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) klar: Elfmal wurde auf RB München als Meister der neuen Saison getippt. Auch der Berliner Chefcoach Uwe Krupp sieht die Bayern als ersten Anwärter: »München setzt als Titelverteidiger und mit weiteren Verstärkungen die Messlatte hoch. Aber im Sommer ist auch bei uns sehr viel Positives passiert. Ich glaube, dass sich unser Team gut verstärkt hat und wir eine Mannschaft haben, die sich wieder nach oben orientieren muss.«
Fakt bleibt: München ist sportlich und finanziell am besten aufgestellt - dank der Unterstützung des Großsponsors Red Bull. Mit einem Rekordetat von geschätzt mehr als zwölf Millionen Euro ist der Titelverteidiger Ligakrösus. Zudem blieb der Großteil der Mannschaft zusammen. Im Kader gab es nur wenige Veränderungen, weil mit den meisten Spielern langfristige Verträge abgeschlossen werden konnten. In der Abwehr kamen der robuste Deutsch-Kanadier Ryan Button und der spielstarke Däne Markus Lauridsen hinzu. Den Königstransfer landeten die Münchner allerdings mit der Verpflichtung von Patrick Hager aus Köln - dem wohl besten Mittelstürmer Deutschlands, der an diesem Freitag beim Saisonstart seinen 29. Geburtstag begeht.
Wie ist der Modus? Gespielt wird in einer Doppelrunde mit 52 Spieltagen. Jeder gegen jeden - zweimal daheim und zweimal auswärts. Die ersten sechs Klubs sind direkt für die Playoffs qualifiziert, Platz sieben bis zehn ermitteln in zwei »Best-of-three«-Serien zwei weitere Playoffstarter. Danach wird bis zum Finale »Best-of-seven« gespielt, es sind also jeweils vier Siege notwendig.
Was ist neu in der Liga? Künftig wird wegen der TV-Rechteinhaber stets ein DEL-Spiel donnerstags ausgetragen. Neu sind ein paar veränderte Regelauslegungen und die »Schwalbenliste«. Fürs Vortäuschen eines Fouls werden Spieler verwarnt, beim zweiten Mal in die Liste aufgenommen. Bei drei Vergehen gibts Geldstrafen, bei fünf Schwalben sogar für den Trainer.
Wo läuft’s im Fernsehen? Mindestens ein Spiel pro Woche ist bei Sport 1 zu sehen. Dazu ist jedes Match bei TV-Partner Telekom zu sehen, der 3,5 Millionen Euro gezahlt hat. Jeder Telekomkunde hat freien Zugang zum Stream im Internet. dpa/nd
Aller guten Dinge sind drei, lautet das Münchner Motto. Nach zwei Meisterschaften in Folge wird der Hattrick angepeilt. »Auch wenn die Konkurrenz mächtig aufgerüstet hat, lassen wir uns von unserer Marschroute nicht abbringen«, sagt der 60-jährige Cheftrainer Don Jackson, der mit neun Meistertiteln (sieben in Berlin und zwei in München) der erfolgreichste Trainer in der Liga ist. »Ich denke, an Ehrgeiz wird es meinem Team nicht mangeln, zumal für einige Spieler diese Saison die letzte sein könnte. Wir treten an, um den Titel zu gewinnen.« Auch bei dem US-Amerikaner selbst ist von Ruhestand nichts zu spüren, selbst wenn er sich mehr als in früheren Jahren die Arbeit auf dem Eis und das Training an der Bande mit seinem Assistenten Matt McIlvane teilt. »Golf spielen kann ich später«, sagt Jackson mit verschmitztem Lächeln.
Unter den Spielern wird er geschätzt. »Er ist der beste Trainer, den ich bisher in meiner Laufbahn hatte. Er sieht bis ins Detail alle Fehler und stellt die Mannschaft perfekt ein«, lobt der 33-jährige Abwehrstratege Yannic Seidenberg. »Zudem besitzt Don eine natürliche Autorität aufgrund seiner Erfolge als einstiger Spieler und Trainer.« Obendrein hat Jackson für diese Saison noch einen Trumpf im Ärmel: Sollte tatsächlich Bedarf an guten Spielern bestehen, können gegebenenfalls noch bis zu fünf Ausländerlizenzen vergeben werden. Auch das Geld dafür wäre allemal da.
Beim Herausforderer, den Berliner Eisbären, hat man inzwischen auf Angriffsmodus geschaltet und träumt vom achten Meistertitel. Der letzte liegt bereits vier Jahre zurück - sehr zum Verdruss des Klubeigners Philipp Anschutz. Dem US-amerikanischen Milliardär gehört auch das NHL-Teams Los Angeles Kings. Und Anschutz verordnete den Berlinern in der Sommerpause einen totalen Umbruch: Neun Spieler mussten den verein verlassen, sieben neue wurden verpflichtet. Das Management wurde umgekrempelt und der Trainerstab ausgebaut. Dazu gehören jetzt der kanadische Co-Trainer Clement Jordin (65), der zwölf Jahre Trainererfahrung aus der nordamerikanischen Profiliga NHL mitbringt, und das Urgestein der Eisbären, Steffen Ziesche. Mit 27 Spielern gehen die Berliner in diese neue Saison - so viele wie noch nie.
Möglich wurde das alles, weil die LA Kings die wirtschaftliche und sportliche Leitung in Berlin übernommen haben. Geschäftsführer Peter-John Lee stellt die Vorzüge der Kooperation mit den Los Angeles Kings so heraus: »Das fängt bei den ›Development Camps‹ an, geht über die Torhüterausbildung und die Delegierung des einen oder anderen Spielers oder die medizinische Betreuung weiter.« Nicht unerheblich sei das Engagement von Luc Robitaille von den Kings als Vorsitzender des Aufsichtsrates, der nun in allen Belangen das Sagen hat. In einem Punkt blieb aber alles beim Alten: Klubeigner Anschutz stellte nicht mehr Geld als in früheren Jahren zur Verfügung: Der 10 Millionen Euro umfassende Saisonetat hat schließlich dazu geführt, dass die meisten der sieben hochkarätigen Neuverpflichtungen nur einen Vertrag für eine Saison erhielten.
Der 52-jährige Cheftrainer Uwe Krupp - seit Dezember 2014 bei den Berlinern im Amt - sieht die Lage positiv: »Nach Pre-Playoffs, Viertelfinale und zuletzt Halbfinale kann die Mannschaft nun den nächsten Schritt machen.« Der wäre zwangsläufig die Finalteilnahme und schließlich die Meisterschaft. Doch das alles erhöht den Druck auf die Spieler gewaltig, die erst noch beweisen müssen, inwieweit sie damit umgehen können. Zudem könnten sich für Berlin und München die stark besetzten Teams der Kölner Haie (letzter Titel 2002) und der Adler Mannheim (2015) noch als Stolpersteine erweisen.
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