Schauspieler begeben sich auf Wege übers Land
Die Theater in Schwedt und Senftenberg sollen künftig auf Tour gehen
Die Einwohnerzahlen von Schwedt und Senftenberg sind inzwischen so gesunken, dass ihre eigenständigen Theater nicht mehr allein zu halten sind. Aus diesem Grunde werden die Neue Bühne Senftenberg und die Uckermärkischen Bühnen Schwedt im Rahmen einer Landesbühne Süd und einer Landesbühne Nord eine neue Funktion und mehr Ausstrahlungskraft bekommen. So jedenfalls ist es vorgesehen, wie am Dienstag in Potsdam bekanntgemacht wurde. Sie sollen und wollen dabei Spielstätten in ihrer Region wieder aufsuchen, die das letzte Mal in der DDR für Theaterzwecke genutzt worden sind. Die Rede ist hier beispielsweise von Kulturhäusern.
Dies alles werde unter der schönen Überschrift »Theater für Brandenburg« stattfinden, sagte Kulturministerin Martina Münch (SPD). Sie verwies auf die zwei Tage zuvor veröffentlichte Umfrage, wonach das kulturelle Angebot vielerorts als defizitär wahrgenommen werde. Märkische Städte, die über eine Spielstätte verfügen, aber nicht über ein Schauspielensemble, seien dazu aufgerufen, mit Schwedt beziehungsweise Senftenberg Verträge abzuschließen, um die Theaterkunst »in hoher Qualität« wieder in ihre Stadt zu holen. Dies bedeute für die beiden Theater keine Namensänderung und auch nicht, dass die Stammhäuser künftig nicht mehr bespielt würden, setzte Münch hinzu. Das Land leiste mit zunächst 120 000 Euro eine Anschubfinanzierung, im kommenden Jahr sogar mit 260 000 Euro.
Angesichts der etwa 25 000 Einwohner, die heute noch in Senftenberg leben, »können Sie nach der Premiere ein Stück noch zweimal aufführen, dann waren alle Senftenberger drin, die sich für Theater interessieren«, sagte Manuel Soubeyrand, neuer Intendant der Neuen Bühne Senftenberg. In den 1960er Jahren, als es in Senftenberg noch Operette und ein Konzertorchester gegeben habe, seien die Ensembles in den Kulturhäusern der näheren und weiteren Umgebung aufgetreten und dies solle nun wieder so sein. Das Problem allerdings: Solche Spielstätten in Plessa oder Luckau seien, was die Ausstattung betreffe, »gefrorene 60er Jahre«. Das habe einerseits seinen Reiz. Man müsse jedoch auch die Sanierung ins Auge fassen.
Der Intendant der Uckermärkischen Bühnen Schwedt, Reinhard Simon, fügte hinzu, das Publikum außerhalb der Zentren sei anspruchsvoll, neugierig und begeisterungsfähig. Nun käme es darauf an, Gespräche mit den Bürgermeistern zu führen und Fünf-Jahres-Verträge anzustreben. »Es geht nicht darum, in jeder Dorfkneipe zu spielen.« Die Frage sei, was die potenziellen Partner erwarten, welche Theaterformate, Stücke und Genres sie bevorzugen.
Die Städte, die Inszenierungen zu sich holen, müssen zumindest einen Teil der Kosten tragen, unterstrich Ministerin Münch. Gleichzeitig gab sie bekannt, dass beide Bühnen dem vor knapp zwei Jahrzehnten gegründeten Brandenburgischen Theaterverbund beitreten. Damals wurde das Mehrspartenangebot in den großen Städten auf Operette in Brandenburg/Havel, Schauspiel in Potsdam und Konzert in Frankfurt (Oder) zusammengestrichen, die Verbliebenen dafür aber auf Reisen geschickt. Zwischenzeitlich schloss sich das Staatstheater Cottbus diesem »Wanderzirkus« an, so dass nun mit den Neuzugängen Schwedt und Senftenberg gleich sechs Ensemble »Wege übers Land« suchen.
Die Neue Bühne Senftenberg hat derzeit rund 70 000 Zuschauer im Jahr. Sie wurde 1946 als Stadttheater mit dem Ziel gegründet, die Bergarbeiter des Niederlausitzer Industriegebietes kulturell-künstlerisch zu »versorgen«. Dort arbeiteten viele später bekannte Schauspieler wie Annekathrin Bürger und Armin Mueller-Stahl und der Regisseur Frank Castorf. Die Uckermärkischen Bühnen Schwedt entstanden 1990 aus dem Zusammenschluss des Theaters der Stadt Schwedt und des Kreiskulturhauses. Sie haben rund 145 000 Besucher im Jahr.
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