Ach Christian Lindner, so jung komm' wir nicht mehr zusamm'
FDP-Chef überzeugte schon mit 18 in Kuhkrawatte und Igelfrisur - in einer Welt voller dorniger Chancen!
Was sind das eigentlich für Leute, die wirtschaftliche Leistungskraft über alles setzen, frage ich mich manchmal. Was hatten sie für ein Elternhaus? Wie waren sie in der Schule? Was trieb sie dazu, sich Anzug und Krawatte anzuziehen und über Investitionen und Erfolgschancen zu diskutieren, statt, ich weiß nicht, über die Weltrevolution, Tocotronic und lokale Neonazis?
Tja, was zur Hölle Christian Lindner dazu trieb, mit 14 in die FDP einzusteigen und mit 18 in einer geliehenen Mercedes-Limosine herumzukurven, weiß ich immer noch nicht. Aber jetzt weiß ich wenigstens, wie er dabei aussah! Stern-TV sei dank. Das Magazin kramte nämlich eine alte Ausgabe seines Jugendmagazin »100 Grad« von 1997 aus. Seiner journalistischen Chronistenpflicht hervorragend nachkommend, filmte Stern-TV damals den heutigen FDP-Spitzenkandidaten dabei, wie er seine Schulzeit verbrachte. Mit hochgegelter Igel-Frisur nämlich, und einem Aktenkoffer in der Hand. Von wegen Start-up! Nein, Jungunternehmer! Herrlich!
»Probleme sind nur dornige Chancen«, weiß der Liberale, und aus dem Mund dieses wohlgekleideten 18-Jährigen in einer Limousine nehmen wir ihm das sofort mit einem Gefühl der wohligen Geborgenheit ab. Hach, während bei dem in einer Warnweste verhüllten Anmoderator Steffen Hallaschka noch die 90er vor sich hin wummern, fühlen wir in der Kuhkrawatte Lindners bereits die Verheißungen der 2000er! Ja, Leistung wird sich wieder lohnen! Denn: »Wenn man im Gespräch überzeugt, durch Leistung, gerade auch durch Kompetenz, die nicht akademisch domestiziert ist«, dann? Das erfahren wir nicht mehr, aber der offen gebliebene Satz lässt Platz für die Zukunft, für Träume von einer Welt des befreiten Wettbewerbs, ohne bedingungslose Sozialhilfe, ohne jahrelanges Arbeitslosengeld. Weg mit der Hängematte! Denn veraltete Strukturen haben in der Vergangenheit den Erfolg gesichert, weiß Lindner, können ihn in der Zukunft aber nicht mehr garantieren.
Was waren das für Zeiten. Jetzt prägen das ehemals so verdammt glatte liberale Gesicht die tiefen Furchen des Leistungsbringenden, der Dreitage-Bart der durchwachten Nächte voller dorniger Chancen. Dabei kam es Christian Lindner schon mit 18 so vor, als sei die Zeit durch den Schredder gelaufen! Ach, wie wahr! So jung kommen wir nicht mehr zusammen.
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