Bildungslexikon
Lernmittelfreiheit. Mit dem erstarkenden Bürgertum und dem sich entwickelnden Bedarf an Arbeitskräften in der Industrie im 19. Jahrhundert wurde der Bedarf einer allgemeinen Grundbildung in Deutschland offensichtlich. Damit war von Anfang an die Frage verbunden, wer die Kosten zu tragen hat. 1919 wurde in der Weimarer Verfassung ein kostenfreier Besuch der Volksschule verankert, die Lernmittelfreiheit hingegen nicht. Erst nach 1945 wurde sie in den Gesetzen sowohl in der DDR als auch in der BRD verankert.
Was in welchem Umfang unter Lernmittelfreiheit fällt, obliegt in der Bundesrepublik bis heute den Ländern. In der Regel fallen unter Lernmittelfreiheit Schulbücher, ergänzende Druckwerke und spezielle Hilfsmittel, die im Eigentum der Schule verbleiben, nicht aber Hefte, Blöcke, Schreib-, Zeichen- und Rechengeräte.
Um 1970 gab es in fast allen Ländern der alten BRD die Lernmittelfreiheit. Hamburg führte zudem die sogenannte kleine Lernmittelfreiheit ein, d.h., es wurden auch die Kosten von Schulheften vom Staat übernommen; 1975 wurde diese Kostenübernahme jedoch schon wieder eingestellt. Im Laufe der Jahre folgte die Abschaffung der Kostenfreiheit für Zusatzmaterialien und nach längerer Auseinandersetzung 2005/2006 die für die Anschaffung für Schulbüchern.
Andere Länder verfuhren ähnlich. Lernmittelfreiheit gab es schließlich nur noch in Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. In den anderen Bundesländern wurden unterschiedliche Modelle der Eigenbeteiligung und Rabatte für finanziell schwache Familien eingeführt. 2016 beschlossen Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Thüringen die Wiedereinführung der Lernmittelfreiheit; Berlin plant die Umsetzung dieses Schritts ab dem kommenden Schuljahr. tgn
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