Freude über eine Bekannte

Peking sieht in Merkel verlässliche Partnerin

  • Finn Mayer-Kuckuk
  • Lesedauer: 3 Min.

Die chinesische Führung ist froh darüber, dass ihr mit Angela Merkel ein bekanntes Gesicht erhalten bleibt. Aus den Berichten der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua sprach aber auch Besorgnis über die Trends beim wichtigen Verbündeten Deutschland. Zwar habe Chinas verlässliche Partnerin gewonnen. Doch die rechtsextreme AfD sei »überraschend« drittstärkste Kraft im Bundestag geworden. Die wachsende Ungleichheit zwischen Arm und Reich und zwischen starken und schwachen Regionen hätten zur Unzufriedenheit beigetragen, ebenso wie die Frage nach dem Umgang mit Flüchtlingen.

Das Nachrichtenportal Sina.com sah vor allem das gesamteuropäische Bild: »Macron behält mit Merkel eine verlässliche Verbündete beim Erhalt der Eurozone.« Der landesweite Staatssender CCTV Xinwen sprach von »Merkel 4.0« in Anlehnung an »Industrie 4.0«, also die Digitalisierungsstrategie, die China vor allem mit Deutschland zusammen vorantreibt. Kanzlerin Merkel sei für die Deutschen ein Rettungsschirm vor den Gefahren der Welt gewesen, doch nun fühlten sie sich nicht mehr ausreichend von ihr beschützt, so die Analyse. Im großen Regionalsender Hubei Satellite TV hieß es dagegen bei Experten, die Deutschen hätten wieder Merkel gewählt, weil sie wenig Alternativen gesehen haben. »Schulz kennt sich mit der EU aus, aber die Leute trauen ihm keine große Wirtschaftskompetenz zu«, sagte Cui Hongjian vom China Institute of International Studies in Peking.

Der Sender berichtete auch über das Erstarken der AfD in den vergangenen fünf Jahren. Die Journalisten unterschieden dabei zwischen den wirtschaftspolitischen Positionen der Partei und ihrer gesellschaftspolitischen Haltung. Ökonomisch gesehen gebe es einen Gegensatz zwischen offenen Märkten, für die Merkel stehe, und größerem Protektionismus, was das Anliegen der Protestpartei sei. Außerdem seien viele Deutsche verängstigt vom Zuzug der Flüchtlinge, den Kanzlerin Merkel zu verantworten habe; sie suchten nun bei der AfD größere Sicherheit. In China ist man sich sicher: Die deutsche Demokratie tritt in eine neue Phase ein. »Es haben sich mit dieser Wahl ganz neue Kampflinien eröffnet«, sagt Cui Hongjian. »Langfristig müssen sich die etablierten Parteien auf die Veränderung einstellen.«

Auch die linksliberale Zeitung »Asahi« aus Tokio hält die Flüchtlingsfrage für den Schlüssel zum Verständnis der deutschen Bundestagswahl. Sie sieht jetzt zwei mögliche Szenarien: Die CDU könnte unter dem Einfluss ihrer Stimmenverluste an die AfD nach rechts rücken und die Tür für Flüchtlinge und Einwanderung wieder schließen. Oder sie könnte im Verein mit den Grünen und der FDP, die beide den Zuzug befürworteten, noch konsequenter »liberal werden«. Japanische Medien erkennen zudem Parallelen zur Politik im eigenen Land. In Tokio gründet gerade die populäre Stadtchefin Yuriko Koike eine neue Partei - die patriotisch-ultrakonservative »Hoffnungspartei«. Sie gilt als scharfer Angriff auf den amtierenden Regierungschef Shinzo Abe und seine Liberaldemokraten.

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