Burka und Schleier ab in Österreich

In der Öffentlichkeit gilt jetzt ein allgemeines Vermummungsverbot

  • Manfred Maurer, Wien
  • Lesedauer: 3 Min.

Nun haben Österreichs Polizeibeamte eine neue Aufgabe, auf die sie gern verzichtet hätten: Sie müssen darauf achten, dass auf den Straßen alle Passanten ihr Gesicht zeigen. Das ist die Folge des Burkaverbotes, mit dem der auch für Integration zuständige Außenminister Sebastian Kurz (Österreichische Volkspartei) ein »Symbol der Gegengesellschaft« ausgemerzt sehen will. Doch weil eine Bekleidungsvorschrift für eine bestimmte Gruppe weder verfassungs- noch europarechtlich halten würde, musste die Politik ein sehr allgemein gehaltenes Gesetz formulieren, welches nicht allein auf muslimische Frauen zielt.

Gab es bislang nur ein Vermummungsverbot bei Kundgebungen, so gilt die Pflicht, die Gesichtszüge vom Kinn bis zum Scheitel zu präsentieren, nun immer. Ausgenommen im Karneval ist somit auch das Tragen einer Maske im öffentlichen Raum nicht mehr erlaubt. Und nicht nur das: Selbst Atemschutzmasken fallen unter das Verbot, sofern der Träger nicht die Notwendigkeit durch ein ärztliches Attest nachweisen kann. Nur im Fall einer Smogwarnung des Umweltbundesamts oder auf Empfehlung des Gesundheitsministeriums wären Atemschutzmasken erlaubt.

Da es so einen Fall erst einmal - am Höhepunkt der Vogelgrippe im Jahr 2006 - gegeben hat, bekommen Atemschutzmaskenträger nun ein Problem. Ostasiatische Touristen, die wegen der Luftverpestung in ihrer Heimat solche Masken schon gewohnheitsmäßig tragen, verstießen ebenfalls gegen das neue Gesetz. Es ist zwar nicht anzunehmen, dass die Polizei tatsächlich gegen maskierte Chinesen einschreitet, streng genommen müsste sie es aber tun.

Bei anderen Touristen stellt sich diese heikle Frage nach dem richtigen Maß der Rechtsstaatlichkeit allerdings schon konkreter. So haben sich manche Regionen in Österreich in den vergangenen Jahren gezielt auf zahlungskräftige Kundschaft aus arabischen Ländern spezialisiert. In Zell am See zum Beispiel etwa gehören mit dem Niqab vollverschleierte Frauen zum täglichen Erscheinungsbild. Das aber ist gerade die Zielgruppe des von der rot-schwarzen Bundesregierung forcierten Gesetzes.

Und die Anweisungen für die Polizei sind ziemlich klar: Die verschleierte Person muss aufgefordert werden, die Verhüllung abzulegen. Leistet sie dem Folge, kann auf die Strafzahlung von 150 Euro verzichtet werden. Wird die Abnahme verweigert, ist die Person zur Identitätsfeststellung festzunehmen. In weiterer Folge würde auch ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Auf dem Wachzimmer könnte einer Frau der Schleier durch Polizistinnen auch zwangsweise abgenommen werden. Man setzt im Innenministerium auf das Verständnis der islamischen Gäste und verweist etwa auf das Beispiel des Schweizer Kantons Tessin, wo das 2013 beschlossene Verschleierungsverbot von arabischen Touristen in der Regel respektiert wird.

Vielleicht wird die Sache mit dem Burkaverbot nach der Nationalratswahl am 15. Oktober ohnehin gar nicht so heikel. Und vielleicht geht es der Regierung in Wirklichkeit sowieso um etwas ganz anderes als um Burka oder Niqab. Nämlich tatsächlich um ein Vermummungsverbot für alle, das ohne die Angst vorm Islamismus kaum durchzusetzen gewesen wäre. Noch gibt es Kameras mit Gesichtserkennungssoftware in Österreich nicht, aber das Innenministerium drängt darauf, der Polizei mehr Möglichkeiten in die Hand zu geben. Gesichtserkennung macht allerdings nur dann Sinn, wenn alle ihr Gesicht zeigen müssen.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!