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Vorerst keine Fahrverbote in Stuttgart

Landesregierung ficht Urteil des Verwaltungsgerichts mit einer Sprungrevision an

  • Lesedauer: 3 Min.

In Stuttgart wird es erst einmal keine Fahrverbote für ältere Diesel-Autos geben: Baden-Württemberg geht gegen das Fahrverbotsurteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor und erntet dafür viel Kritik. Die grün-schwarze Landesregierung hatte sich am Montag auf eine Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht geeinigt, wie die Regierungszentrale mitteilte. Dabei werden die rechtlichen Aspekte des Urteils noch einmal gecheckt, eine umfassende inhaltliche Prüfung gibt es aber nicht mehr.

Eigentlich waren bereits zum 1. Januar 2018 Fahrverbote in Stuttgart geplant. Der Termin ist jetzt nicht mehr zu halten, da die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig frühestens im kommenden Jahr, vielleicht im Februar, fallen dürfte. Das ist dann die letztinstanzliche Entscheidung. Während der Fall am Bundesverwaltungsgericht liegt, wird das Urteil aus Stuttgart nicht rechtskräftig. Eine Berufung hätte sich noch länger hingezogen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen begründete die Sprungrevision mit schwierigen Rechtsfragen und Rechtsunsicherheiten, die höchstrichterlich geklärt werden müssten. Die Grünen würden darüber hinaus gern mit einem 400 Millionen Euro teuren Maßnahmenpaket die Luftqualität im Großraum Stuttgart verbessern. Hierüber konnte sich die Koalition aber noch nicht einigen, die Vorschläge von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) müssten jetzt in den Landtagsfraktionen beraten werden.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte geurteilt, die Maßnahmen für die Landeshauptstadt reichten nicht aus, um die vor allem mit Stickoxiden und Feinstaub verschmutzte Luft nachhaltig zu verbessern. Somit drohen Fahrverbote für alte Diesel-Autos, die als Hauptverursacher von Stickoxiden gelten.

Eigentlich wollten große Teile der Grünen eine Annahme des Urteils. Auch eine Bürgerinitiative demonstrierte am Montag vor Kretschmanns Amtssitz für Fahrverbote. Die CDU wollte hingegen eine Berufung, um das Urteil auch inhaltlich zu überprüfen. CDU-Politiker verbanden damit die Hoffnung, dass dann kürzlich vorgeschlagene Maßnahmen berücksichtigt werden könnten. Dazu zählen Software-Updates für Diesel-Autos, welche die Industrie angekündigt hat.

Kritiker halten solche Updates aber für nicht ausreichend, um die Luft wesentlich sauberer zu bekommen. Bei der Sprungrevision wird zumindest die Frage geklärt, ob das Land Fahrverbote in Eigenregie umsetzen kann, wenn der Bund nicht handelt, obwohl er zuständig ist. Das Verwaltungsgericht Stuttgart war der Meinung, das Land könne blaue Umweltzonen einrichten, in die ältere Diesel nicht fahren dürften. »Ob das rechtlich überhaupt möglich ist, darüber besteht in der Rechtsprechung große Ungewissheit«, meinte Kretschmann.

Die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbandes Baden-Württemberg, Sabine Hagmann, kritisierte den Verzicht auf die Berufung. Sie hätte sich eine vollumfängliche Überprüfung gewünscht. Man wisse, dass mit Fahrverboten der Region, deren Wirtschaft und Bevölkerung langfristig großer Schaden zugefügt werde.

Auch die IG Metall Baden-Württemberg bezeichnete die Entscheidung der Landesregierung zur Sprungrevision als zweitbeste Lösung. Diese sei »besser als gar keine Berufung«, erklärte Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall im Südwesten. Die Gewerkschaft lehne Fahrverbote ab, weil diese einer »kalten Enteignung von Millionen Dieselfahrern« gleichkomme.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz hatte hingegen für eine Annahme des Urteils plädiert. »Die Sprungrevision verzögert wirksame Maßnahmen zur Luftreinhaltung um mindestens ein weiteres Jahr«, erklärte die Landesgeschäftsführerin Sylvia Pilarsky-Grosch. Die Landesregierung agiere als politische Dependance der Autolobby, sagte sie. Agenturen/nd

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