Rechte Zerstörungswut

Am Samstag wurde die Gedenktafel für Wolfgang Szepansky zum vierten Mal eingeweiht

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 3 Min.

»Nieder mit Hitler! KPD lebt! Rot Front!«, schrieb der Kommunist Wolfgang Szepansky 1933 mit roter Farbe an die Mauer der damaligen Schultheiß-Brauerei in der Methfesselstraße in Kreuzberg. Er wurde daraufhin gefasst und im Berliner Konzentrationslager Columbia-Haus interniert. Im Jahr 2012 wurde nach langem Bemühen eine Gedenktafel für den antifaschistischen Widerstandskämpfer angebracht - an genau jener Stelle, an die er 79 Jahre zuvor seine Parole schrieb.

Nun scheint heutzutage einigen Menschen in dieser Gesellschaft die Würdigung eines Kämpfers gegen das Nazi-Regime ein Dorn im Auge zu sein: Die Tafel wurde im Februar 2015 zerstört, ebenso die zwei darauffolgende Tafeln, die Letzte erst im Februar 2017. Es wurde Anzeige erstattet, die Verfahren wurden jedoch ohne Ergebnis eingestellt. Für Christine Kühnl-Sager vom Aktiven Museum ist dennoch klar, aus welcher Richtung die Vandalen kommen: »Bei einer solchen immer wieder auftretenden Zerstörung kann das eigentlich nur von rechts kommen. Wen sollte das sonst so umtreiben?«, sagt sie dem »nd«.

Als Zeichen gegen diesen politisch motivierten Akt der Zerstörung haben das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, das Aktive Museum Faschismus und Widerstand in Berlin und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten VVN-BdA die Tafel erneuern lassen. Am Samstag wurde die Gedenktafel, die aus Schutz vor Zerstörung mittlerweile aus Panzerglas besteht und in die Backsteinmauer eingelassen wurde, zum mittlerweile vierten Mal feierlich eingeweiht. 90 Menschen nahmen an der Zeremonie teil, darunter auch die Kulturstadträtin Clara Herrmann (Grüne), die ein Grußwort hielt.

»Es war eine ziemlich bewegende Veranstaltung«, so Peter Kühnl-Sager, einer der Teilnehmer. Es wurden Texte aus Szepanskys Biografie vorgelesen und alte Tonaufnahmen mit Liedern von ihm abgespielt. Auch wurden Kopien einiger seiner Bilder, auf denen er unter anderem Szenen seiner Verfolgung festgehalten hatte, an der Mauer angebracht. »Die Texte, die aus seiner Biografie vorgelesen wurden, die waren zum Teil schon sehr beklemmend, weil er die ganze Situation, die er erlebt hat in der Nazi-Zeit, noch mal geschildert hat«, erzählt Peter Kühnl-Sager. Auch viele frühere Lehrer seien da gewesen, die ihn noch aus der Zeit kannten, als Szepansky Schulklassen im Unterricht besuchte und mit ihnen Konzentrationslager Sachsenhausen fuhr, wo er selbst von Oktober 1940 bis April 1945 interniert war.

Nach seiner Haftentlassung im Januar 1934 floh Szepansky in die Niederlande, wo er 1940 interniert und an die Gestapo ausgeliefert wurde. Nach dem Krieg arbeitete er als Zeichenlehrer, wurde jedoch 1952 wegen »aktiver Betätigung im Sinne der SED« mit einem Berufsverbot belegt. 2008 verstarb Szepansky 97-jährig in Schöneberg.

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