Raubein geht in den TV-Ruhestand
A. Schmidt-Schaller
Am morgigen Freitag geht im ZDF eine Ära zu Ende. Chefermittler Hajo Trautzschke (Andreas Schmidt-Schaller) nimmt nach über 300 Folgen in »Der letzte Fall« seinen lange angekündigten Abschied von der Soko in Leipzig. Mit dem in Berlin lebenden Andreas Schmidt-Schaller geht Deutschlands dienstältester Fernsehkommissar in Rente. Der beliebte Mime gab sein Krimi-Bildschirmdebüt 1973 in der Folge »Alarm am See« der populären Reihe »Polizeiruf 110« des DDR-Fernsehens - damals noch als Tatverdächtiger. Ab 1986 stieß Schmidt-Schaller als Leutnant Thomas Grawe zum eingespielten Kollektiv um Hauptmann Fuchs (Peter Borgelt) und Oberleutnant Hübner (Jürgen Frohriep). Grawe wurde als Pendant zu den peniblen Volkspolizisten aufgebaut, er war unkonventioneller und musste Privatleben und Beruf unter einen Hut bringen.
Schmidt-Schaller brachte diese Figurenzeichnung das Image als ostdeutsche Version von Götz Georges charmantem Raubein Schimanski ein. 1990 ermittelten die beliebteste Fernsehkommissare der Ost- und Westdeutschen in »Unter Brüdern« gemeinsam.
Andreas Schmidt-Schaller wurde 1945 in Arnstadt geboren. Aufgewachsen ist er in Weimar und Gera: Seit einigen Jahren ist er Botschafter der Stadt Gera, in der er in den 1990ern die Puppenbühne »Kleines Theater« aufbaute, der er bis heute verbunden ist. Den beruflichen Staffelstab hat er in der Familie längst weitergegeben. Tochter Petra trat für einige Folgen in seine Fußstapfen als Fernsehkommissarin, sie gehört längst zu Deutschlands erster Schauspielriege. Auch Schmidt-Schallers Sohn Tom Radisch etablierte sich erfolgreich in der Theaterszene. 2016 übernahm er in der »Soko Leipzig« einen kleinen Part, wo auch Schmidt-Schallers jüngster Sohn Matti seine ersten Schritte in den Beruf machte.
Den Grawe hatte Andreas Schmidt-Schaller 1995 nach 32 Auftritten an den Nagel gehängt, der Schauspieler hatte genug von schlecht konstruierten Geschichten. Für einige Gastauftritte kehrte er trotzdem zurück. Diese verspricht er auch weiterhin bei der »Soko Leipzig«.
Das ZDF hielt 2015 zu seinem Star, als dessen Verpflichtung als IM bekannt wurde. 1963 hatte sich Schmidt-Schaller im Glauben an die DDR und aus der Angst heraus verpflichtet, seine Mutter könne in ihrem Beruf als Journalistin Nachteile haben. Als die Stasi ihn aufforderte, das Privatleben seiner Kollegen an der Schauspielschule in Leipzig und am Karl-Marx-Städter Theater auszuschnüffeln, zog er die Reißleine. 2015 nahm die Soko-Folge »Spielst Du jetzt Stasi oder was« das Thema auf.
Auf seine Beweggründe blickt er in seinen Erinnerungen »Klare Ansage. Bekundungen und Bekenntnisse« zurück, die pünktlich zum 70. Geburtstag erschienen sind. In dem Buch gibt Schmidt-Schaller auch Einblicke in seine Träume und Zukunftspläne. Eine Oper oder Shakespeares »Sturm« für die Bühne möchte er gerne inszenieren. Schmidt-Schaller ist für alles offen. Nur für eines nicht: den endgültigen Ruhestand.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.