Gericht überprüft Stendaler Wahl
War Kandidatenaufstellung im Jahr 2015 fehlerhaft?
Magdeburg. Muss die Wahl des Stadtrats in Stendal im Norden Sachsen-Anhalts erneut wiederholt werden? Das Verwaltungsgericht hatte im vergangenen Jahr einem Kläger Recht gegeben, der die Gültigkeit der wiederholten Wahl im Sommer 2015 anzweifelte. Die Stadt wehrte sich jedoch gegen das Urteil und ging in Berufung. Deshalb muss sich jetzt das Oberverwaltungsgericht mit dem Fall beschäftigen. Die Verhandlung findet am Dienstag statt. Laut OVG-Sprecher Lars Bechler ist damit zu rechnen, dass das Gericht bereits an diesem Tag zu einer Entscheidung kommt.
Ursprünglich war der Stendaler Stadtrat bereits im Mai 2014 gewählt worden. Wegen Manipulationen bei der Briefwahl musste die Wahl jedoch wiederholt werden. Die Stendaler Briefwahlaffäre sorgte monatelang für Aufregung in der Landespolitik.
In einem Prozess vor dem Landgericht Stendal wurde der ehemalige CDU-Stadtrat Holger Gebhardt im März zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Er hatte zugegeben, Briefwahlvollmachten gefälscht und fremde Wahlunterlagen selbst ausgefüllt zu haben. Mit der Aufarbeitung der Affäre befasst sich derzeit auch ein Untersuchungsausschuss des Landtags.
Doch auch bei der Wiederholung der Wahl im Sommer 2015 lief nicht alles glatt. Ein Kläger monierte die Gültigkeit der Abstimmung, weil die FDP-Kandidaten nicht in geheimer Wahl aufgestellt worden seien. Das Magdeburger Verwaltungsgericht gab ihm im April 2016 Recht. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Stadtratswahl bei ordnungsgemäßer Kandidatennominierung anders ausgegangen wäre, befanden die Richter.
Kritikpunkt war die Aufstellung der FDP-Kandidaten, zu der sich die Parteivertreter in einem Hotelraum getroffen hatten. Die Wahlberechtigten trugen sich zunächst auf einer Anwesenheitsliste ein und mussten bei der Wahl den Namen des Kandidaten handschriftlich notieren und mit dem Vermerk »ja«, »nein« oder »Enthaltung« versehen. Dadurch seien die Handschriften der FDP-Vertreter auf den Stimmzetteln im Nachhinein identifizierbar gewesen - und damit der Grundsatz der geheimen Wahl verletzt worden.
Die Stadt Stendal hatte ihre Berufung damit begründet, dass es zu den Vorgaben für die Aufstellung von Bewerbern bei einer Stadtratswahl verschiedene Rechtsauffassungen gebe. Für Sachsen-Anhalt bedürfe es deshalb einer grundsätzlichen Klärung.
Bei der Verhandlung vor dem OVG am Dienstag ist auch der FDP-Stadtrat Marcus Faber geladen. Faber ist Vize-Landeschef der Liberalen und wurde im September in den Bundestag gewählt. Der Kläger wirft ihm vor, seinen Wohnsitz und Lebensmittelpunkt zum Zeitpunkt der Wahl nicht in Stendal gehabt zu haben. Faber wäre dann gar nicht wählbar gewesen. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.