Das Vorbild ist zu gut
Mittlerweile spielen fünf deutsche Basketballer in der NBA. Dennis Schröder sollte ihr Anführer sein, leistete sich abseits des Platzes aber einen krassen Fehltritt
Eine Premiere steht an. Erstmals könnten sich an diesem Mittwoch drei deutsche Spieler in der besten Basketballliga der Welt auf dem Parkett treffen. Die neue NBA-Saison beginnt für die Atlanta Hawks vom deutschen Nationalspielmacher Dennis Schröder an diesem Mittwoch in Dallas. Bei den Mavericks spielt bekanntlich Dirk Nowitzki - und seit Neuestem auch Maxi Kleber. Nur »taktische Zwänge« könnten gegen die Triple-Premiere sprechen, war zu lesen, denn noch ist nicht sicher, ob Kleber von Trainer Rick Carlisle überhaupt eingesetzt wird.
Taktik hin oder her, die größere Bedrohung für das deutsche Aufeinandertreffen war eher von Schröder ausgegangen. Hatte sich der 24-Jährige bei der EM im Sommer noch Bestnoten verdient, fiel er nach seiner Rückkehr in die USA bei einer Barschlägerei unschön auf. Medienberichten zufolge soll er mit Freunden einen Mann im Streit verprügelt haben.
Schröder wurde festgenommen und auf Kaution wieder freigelassen. In Dallas darf er nur spielen, weil die Hintergründe des Vorfalls noch nicht abschließend geklärt sind. Eine Haftstrafe ist zwar so gut wie ausgeschlossen, selbst eine Verurteilung ist nicht sicher, aber eine Suspendierung von Seiten der Hawks erscheint unumgänglich.
»Wir sind uns bewusst, dass Dennis Schröder in eine körperliche Auseinandersetzung verwickelt war. Dieses Verhalten ist inakzeptabel«, schrieb Manager Travis Schlenk auf der Homepage des Klubs. Schröders Verhalten werde »nicht toleriert« und eine »disziplinarische Maßnahme« nach sich ziehen, sobald der Fall komplett aufgearbeitet ist. Schröder selbst hatte erst spät reagiert und auch dann nur sehr schmallippig: »Wir sind alle Menschen. Jeder macht Fehler«, hatte er Reportern des »Atlanta Journal Constitution« gesagt.
Nun ist es wahrscheinlich recht unfair gegenüber Schröder, den 24-Jährigen an den hohen Maßstäben zu messen, die Dirk Nowitzki in seinen bislang 19 Jahren in der NBA gesetzt hat. Nicht jeder muss wie der Würzburger immer Musterprofi in und gleichzeitig Vorbild außerhalb der Halle sein. Schröders Problem ist jedoch ein anderes: Atlanta hat ihn im Sommer zum großen Star des Teams gemacht. Die meisten anderen starken Spieler ließen die Hawks ziehen, damit hinter dem gebürtigen Braunschweiger ein Neuaufbau gestartet werden kann. Schröder ist also nicht mehr nur Spielmacher, sondern die Hauptwerbefigur Atlantas. Die Rolle hat er angenommen, da verbieten sich Eskapaden nur noch mehr.
Sportlich werden von den insgesamt fünf deutschen NBA-Spielern keine besonderen Erfolge erwartet. Schröder muss schauen, ob er die Hawks fast ohne Hilfe in die Playoffs führen kann. Paul Zipser ist bei den Chicago Bulls zwar aufgestiegen und könnte in seiner zweiten Saison schon regelmäßig in der Startformation stehen. Doch auch dies ist weniger Ausdruck seiner Verbesserungen. Vielmehr haben die Bulls ebenfalls Stars abgegeben, um Platz für junge Spieler zu machen, die noch ein paar Jahre zur Entwicklung benötigen.
Nowitzkis beste Jahre liegen auch schon lange zurück. Das weiß der 39-Jährige selbst nur allzu gut. »Unser Ziel ist das Erreichen der Playoffs. Es wird aber schwer, denn die Teams im Westen sind sehr, sehr stark besetzt«, sagte Nowitzki. Co-Trainer und Ex-Mitspieler Darrell Armstrong hat ihm mittlerweile einen neuen Spitznamen verpasst: »The big mummy« - die große Mumie.
Die amerikanischen Experten trauen den Mavericks nicht einmal zu, die Hälfte ihrer Spiele zu gewinnen. »Wir wollen diese Experten eines Besseren belehren und sie überraschen«, konterte Kleber gegenüber »nd« am Dienstag. »Ich glaube, wir haben ein gutes Team zusammen: Wir arbeiten vor allem daran, viel zu passen. Das wird ein Schlüssel für unser Spiel sein.« Ansonsten sei die Vorfreude auf sein persönliches NBA-Debüt »unheimlich groß. Ich versuche, das alles maximal zu genießen. Mal schauen, ob ich spiele und wie lange. Aber auch so freue mich auf jedes Erlebnis, jede Halle.«
Kleber stellt sich darauf ein, weiter an seinen Schwächen arbeiten zu müssen, um sich »mit harter Arbeit und Ehrgeiz in die Mannschaft zu spielen. Ich hoffe, in der Saison, meine Rolle zu finden und dem Team helfen zu können«, sagte er. Im Sommer hatte Kleber die EM auf Wunsch des Vereins ausfallen lassen, um mehr Zeit für intensives Krafttraining zu haben. Ob es ihm etwas gebracht hat, werden erst die kommenden Monate zeigen.
So könnte mit Daniel Theis ein anderer deutscher Debütant am weitesten kommen. Er hat sich wohl einen Platz in der zweiten Reihe der Boston Celtics erspielt. Die Mannschaft ist mit Allstar Gordon Hayward und Olympiasieger Kyrie Irving offensiv verstärkt worden. Die Playoff-Teilnahme erscheint sicher. Ob Boston dann aber die Cleveland Cavaliers um Superstar LeBron James bezwingen kann, wird von den meisten Experten wiederum bezweifelt.
Trotz der gestiegenen Anzahl deutscher Spieler müssen Basketballliebhaber hierzulande weiter auf NBA-Livebilder im Free-TV verzichten. Immerhin wird die Internetplattform spox.com jeden Sonntagabend eine Begegnung im Livestream zeigen. Zu Beginn steht gleich die Partie Brooklyn gegen Atlanta an. Fans von Dennis Schröder werden ihn also noch mal sehen können - bevor er von seinem Klub ein Spielverbot erhält.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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