Ein weiterer Seeheimer für die SPD-Spitze
Streit um designierten Generalsekretär Klingbeil
Martin Schulz ist offenbar kein geschickter Stratege. Nachdem am Donnerstag bekannt geworden war, dass der SPD-Chef den Bundestagsabgeordneten Lars Klingbeil am Montag dem Parteipräsidium für das Amt des Generalsekretärs vorschlagen will, regte sich intern Widerspruch. Die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen, Elke Ferner, sagte der dpa, dass eine Generalsekretärin »das richtige Signal« gewesen wäre. In der SPD war oft zu hören, dass die Partei weiblicher werden solle. Die bislang einzige Frau in der ersten Reihe ist aber Fraktionschefin Andrea Nahles. Wenn es Schulz nicht gelingen sollte, die SPD-Frauen zu besänftigen, muss Klingbeil bei seiner Wahl auf einem Parteitag im Dezember mit einem wenig berauschenden Ergebnis rechnen. Ein Versuch, Frauen in der Partei zu fördern, schlug fehl. Die scheidende Juso-Chefin Johanna Uekermann hat nach Berichten ein Angebot von Schulz ausgeschlagen, Bundesgeschäftsführerin zu werden.
Klingbeil soll im Willy-Brandt-Haus die Nachfolge von Hubertus Heil antreten, der das Amt kommissarisch übernommen hatte. Beide stammen aus dem einflussreichen Landesverband Niedersachsen. Dass nun die Wahl auf den 39-Jährigen gefallen ist, dürfte auch mit den Wahlerfolgen der SPD in dem norddeutschen Bundesland zusammenhängen. Klingbeil hatte bei der Bundestagwahl seinen Wahlkreis Rotenburg I - Heidekreis direkt gewonnen.
Die Nominierung des Politologen ist keine gute Nachricht für diejenigen, die auf eine Annäherung von SPD und LINKEN hoffen. In der vergangenen Legislatur sprach sich Klingbeil gegen Rot-Rot-Grün aus, weil die Linkspartei »mit ihren außenpolitischen Positionen nicht regierungsfähig« sei. Friedenspolitik scheint nicht seine Sache zu sein. Klingbeil beschäftigt sich nicht nur mit digitalen Themen, sondern er ist auch ein sogenannter Verteidigungspolitiker. Aufgewachsen ist er an einem Bundeswehrstandort im niedersächsischen Munster. Sein Vater war Unteroffizier. Als vor einigen Monaten über Rassismus und Diskriminierung bei der Bundeswehr debattiert wurde, redete Klingbeil in einem Interview mit der »Kreiszeitung« die Lage schön. Man dürfe die Bundeswehr »nie unter Generalverdacht stellen«. Sie sei »offener, toleranter und bunter geworden«.
Klingbeil ist ebenso wie Schulz Mitglied des konservativen Seeheimer Kreises. Von 2001 bis 2003 arbeitete er neben seinem Studium im Wahlkreisbüro des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder. In dieser Zeit wurde von Schröder die Agenda 2010 ausgerufen, die zum größten Sozialabbau in der Geschichte der Bundesrepublik geführt hat. Klingbeil scheint weiterhin einen guten Draht zu Schröder zu haben. Kurz vor der Bundestagswahl hatte er den Altkanzler demonstrativ nach Rotenburg eingeladen, um mit ihm öffentlich unter anderem über seine »schwierigen Entscheidungen« zu diskutieren.
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