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  • "Mafia"-Buch von Petra Reski

Italienischer Gastronom bekommt in Straßburg Recht

Verlag Droemer Knaur muss 10.000 Euro Entschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts zahlen / Richterin Tsotsoria bedauert »Abweichung von der gängigen Auffassung der Rechtsprechung«

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Der Verlag Droemer Knaur und die renommierte Anti-Mafia-Autorin Petra Reski haben eine Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) einstecken müssen. Die Straßburger Institution lehnte am Donnerstag eine Beschwerde des Verlages darüber ab, dass die Schwärzung des Buches »Mafia. Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern« (2008) von Reski gegen die freie Meinungsäußerung verstoße. Der Verlag Hoffmann und Campe spricht angesichts der Entscheidung von einem »schwarzen Tag für die Meinungsfreiheit«.

Der EGMR hat zugleich einem italienischen Gastronomen Recht gegeben, der in Reskis Buch sein Persönlichkeitsrecht verletzt sieht, weil er darin mit der organisierten Kriminalität in Verbindung gebracht wurde. Die Münchener Verlagsgruppe Droemer Knaur als Herausgeber war deswegen vom Oberlandesgericht München zu einer Entschädigungszahlung in Höhe von 10.000 Euro verpflichtet worden.

In »Mafia« hatte Reski unter anderem über die Auseinandersetzungen zweier Mafia-Gruppen geschrieben. Einen italienischen Gastronomen aus Erfurt nannte sie namentlich und hielt dessen Mitgliedschaft in der Mafia für sehr wahrscheinlich. Dabei stützte sie sich auf einen internen Bericht des Bundeskriminalamtes (BKA), in dem der Mann ebenfalls genannt wurde.

Der Gastronom bestritt, etwas mit der Mafia zu tun zu haben. Er warf Reski vor, sie habe sich nicht an ihre journalistischen Sorgfaltspflichten gehalten und verklagte den Verlag. Droemer Knaur zog daraufhin vor das europäische Gericht und argumentierte, dass mit der Verurteilung in München sein Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit verletzt worden sei. Sie ist Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention definiert.

Doch die Straßburger Richter argumentierten nun, der BKA-Bericht sei nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen. Reski hätte daher nach geltenden journalistischen Standards weitere Recherchen anstellen müssen, um den Verdacht der Mafiazugehörigkeit zu untermauern. Auf weitere Recherchen könne eine Journalistin nur verzichten, wenn sie sich auf offizielle, für die Öffentlichkeit vorgesehene Quellen stütze, so der Gerichtshof.

Im aktuellen Fall sei zudem versäumt worden, vor der Buch-Veröffentlichung eine Stellungnahme des Gastronomen zu den Vorwürfen einzuholen oder entlastende Argumente anzuführen, bemängelte das Gericht. Zeit habe es hierfür gegeben. Stattdessen sei im Buch der Verdacht der Mafia-Zugehörigkeit nahegelegt worden.

Petra Reski kann die Entscheidung nicht nachvollziehen: »Wenn sich Journalisten und Verlage für die Verdachtsberichterstattung nicht auf den Rückgriff auf qualifizierte Quellen verlassen können und Journalisten vor Gericht beweisen müssen, dass Verbrechen begangen wurden, dann ist die Pressefreiheit in Gefahr.« Das Urteil bestärke die Autorin, weiterhin Romane über die Mafia zu schreiben. Ihr dritter Roman »Bei aller Liebe« ist im Sommer im Hoffmann und Campe Verlag erschienen.

Mit ihrer Auffassung ist Reski jedoch auch in Straßburg nicht allein. Die EGMR-Richterin Nona Tsotsoria bestand darauf, ihre Auffassung dem Urteil anzuhängen: »Ich bedauere diese beunruhigende Abweichung von der gängigen Auffassung der Rechtsprechung.« Ihrer Ansicht nach liegt in dem Fall ein Verstoß gegen Artikel 10 der Menschenrechtskonvention vor. Das »Mafia«-Buch sei ohne Zweifel von großem öffentlichen Interesse. Laut Tsotsoria werde die angebliche Mitgliedschaft des betroffenen Gastronomen in der kriminellen Organisation Mafia als Annahme dargestellt und nicht als Tatsache. »Unter diesen Umständen, im Gegensatz zu den Erkenntnissen des vorliegenden Falls, erfordert es das Präzedenzrecht nicht, dass Journalisten unabhängige Recherchen betreiben. Das Präzedenzrecht setzt auch voraus, dass Journalisten frei sein müssen, über Ereignisse zu berichten, die auf Information basieren, die von offiziellen Quellen bezogen werden, ohne diese weiter zu verifizieren«, erklärte die georgische Juristin.

Tsotsoria kommt deshalb zu dem Schluss: »Ich bin der Meinung, dass die Autorin des Buchs, eine Journalistin, die berühmt ist für ihre Mafia-kritischen Publikationen, guten Gewissens handelte, und in Übereinstimmung mit den Pflichten und Aufgaben, die in Artikel 10 des Übereinkommens verankert werden.« Ihrer Ansicht nach haben die deutschen Justizbehörden »die Wichtigkeit und das Ausmaß des Prinzips der freien Meinungsäußerung nicht gebührend berücksichtigt«. kah/epd

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