Männlicher, jünger, mehr Platz verbraucht
Das Parlament zeigt sich im Vergleich zur vergangenen Wahlperiode in einer stark veränderten Zusammensetzung
Zum 19. Mal seit 1949 konstituiert sich an diesem Dienstag ein neuer Bundestag. Im Vergleich zur letzten Wahlperiode ist das Parlament um einiges größer, politisch diverser, männlicher und ein klein wenig jünger geworden.
Groß wie nie
Der Bundestag ist um zwölf Prozent gewachsen, von 631 auf 709 Mitglieder. Damit ist er nicht nur der größte Bundestag aller Zeiten, sondern auch das größte demokratische Parlament weltweit.
Viele Fraktionen
Die politische Vielfalt - nicht die Buntheit - hat zugenommen: Erstmals seit 1957 werden dem neuen Bundestag wieder sechs Fraktionen angehören. Lange Zeit - von 1961 bis 1983 - waren es mit CDU/CSU, SPD und FDP nur halb so viele. Erst dann kamen die Grünen hinzu und nach der Wiedervereinigung 1990 die PDS, die später zur LINKEN wurde.
Neue Rechte
Die AfD ist seit 1990 der erste Neuling. Mit ihr ist erstmals seit 1961 auch wieder eine Partei rechts von CDU und CSU im Bundestag. Damals schied die nationalkonservative Deutsche Partei aus, die einige Jahre sogar an der Regierung beteiligt war.
Alte Liberale
Die Rückkehr der FDP in den Bundestag ist die erste gelungene Rückkehr einer Partei. Bisher galt: Wer einmal so richtig raus ist, kommt nicht wieder rein.
Isolierte Hinterbänkler
Mit Frauke Petry und Mario Mieruch gibt es erstmals seit 2002 gleich zu Anfang einer Legislaturperiode wieder fraktionslose Abgeordnete. Die beiden haben der AfD kurz nach der Wahl den Rücken gekehrt und werden auf den hinteren Sitzen isoliert Platz nehmen. Zuletzt zogen vor 15 Jahren zwei Politikerinnen der PDS fraktionslos in den Bundestag ein. Sie hatten Direktmandate gewonnen, ihre Partei war aber an der 5-Prozent-Hürde gescheitert.
Leichte Verjüngungskur
Das Durchschnittsalter der Abgeordneten ist von 49,7 auf 49,4 Jahre gesunken. Die jüngste Fraktion hat die FDP mit einem Alter von durchschnittlich 45,8 Jahren, die älteste die AfD mit 50,7 Jahren.
Der Älteste
Von den zehn ältesten Abgeordneten gehören acht zur AfD. Mit 77 Jahren ist Wilhelm von Gottberg der Senior. In der letzten Legislaturperiode hätte Gottberg damit das Recht gehabt, als Alterspräsident den Bundestag zu eröffnen. Die Regeln wurden aber kurz vor der Wahl geändert.
Der Dienstälteste
Mit Abstand dienstältester Abgeordneter ist CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble, der dem Bundestag seit 45 Jahren angehört. Aber auch er hält die Eröffnungsrede nicht, weil er in der konstituierenden Sitzung zum Bundestagspräsidenten gewählt werden und dann seine Antrittsrede halten soll. Zwei bedeutende Reden in einer Sitzung wären dann wohl doch zu viel des Guten.
Der Alterspräsident
Als Alterspräsident springt Hermann-Otto Solms ein. Der FDP-Politiker ist der Abgeordnete mit den zweitmeisten Dienst- (33) und auch den zweitmeisten Lebensjahren (76).
Der Jüngling
Jüngster Abgeordneter ist Roman Müller-Böhm von der FDP mit 24 Jahren. Jüngster direkt gewählter Abgeordneter ist der nur einen Monat ältere Philipp Amthor von der CDU, der seinen Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern auf Anhieb gewann.
Kaum Migranten
Laut dem »Mediendienst Integration« haben nur acht Prozent der Abgeordneten einen Migrationshintergrund - in der bundesdeutschen Gesamtgesellschaft sind es 22 Prozent. Die Fraktion der Linkspartei bildet mit 19 Prozent am ehesten die reale Diversität ab. Bei den Grünen haben 15 Prozent nichtdeutsche Eltern oder sind im Ausland geboren. In der AfD besitzen 7,5 Prozent einen Migrationshintergrund, in der FDP sechs und in der Union drei Prozent.
Männerlastig
Mit 30,7 Prozent ist der Anteil der Frauen im Bundestag so gering wie seit der Wahlperiode 1994 bis 1998 nicht mehr. Nach einem kontinuierlichen Anstieg seit 1972 gibt es damit erstmals wieder einen deutlichen Einbruch beim Frauenanteil. 2013 waren noch 36 Prozent der Abgeordneten Frauen.
Weniger männerlastig
In den Fraktionen von Grünen (58 Prozent) und Linkspartei (54) gibt es mehr Frauen als Männer. In der AfD-Fraktion sind dagegen nur 10 von 92 Abgeordneten Frauen - umgerechnet elf Prozent. dpa/nd
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