14 Afghanen abgeschoben

Charterflug in Kabul gelandet / Ulbig will damit ein Signal setzen

Nachdem das Flugzeug mit 14 abgelehnten Asylsuchende aus Deutschland am frühen Mittwochmorgen in Kabul gelandet war, verteidigte Markus Ulbig (CDU) die mittlerweile siebte Sammelabschiebung nach Afghanistan: Mit den Ausweisungen gehe es darum, «ein klares und deutliches Signal zu setzen, so der sächsische Innenminister und Chef der Innenministerkonferenz. Alle Asylbewerber hätten ein rechtsstaatliches Verfahren durchlaufen, und unter Beachtung aller Aspekte des Einzelfalls gebe es für sie nunmehr »kein Aufenthaltsrecht mehr in Deutschland«.

Für Abschiebungen in das Krisenland am Hindukusch haben sich Bund und Länder selbst die Vorgabe gesetzt, nur Straftäter, Gefährder und Mitwirkungsverweigerer beim Asylverfahren auszuweisen, betonte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums gegenüber »nd« am Mittwoch.

Bei den Abgeschobenen handele es sich ausschließlich um Männer, so die Sprecherin. Darunter seien 11 Straftäter sowie 3 Personen, die bei der Identitätsfeststellung nicht mitgewirkt hätten. »Bei den Straftaten handelt es sich unter anderem um Totschlag, sexueller Missbrauch von Kindern, Diebstahl, gefährliche Körperverletzung, Urkundenfälschung, Betrug.« Pro Asyl kritisierte dieses Vorgehen: Das öffentliche Herausstellen von Straftätern und deren Straftaten solle offenbar generelle Akzeptanz für Abschiebungen nach Afghanistan schaffen, heißt es in einer Mitteilung der Menschenrechtsorganisation

Zweifel an der Einhaltung der Selbstvorgabe äußerte Stephan Dünnwald, Sprecher des bayerischen Flüchtlingsrates. »Mehrere der jetzt von Bayern in Abschiebehaft genommenen Afghanen fallen aus diesen Kategorien heraus.« Mehrheitlich sei den Abgeschobenen Bagatelldelikte zur Last gelegt worden, die erst in der Summe die Bagatellgrenze von 50 Tagessätzen überschritten hätten. In einem Fall sei die Person psychisch krank und brauche medizinische Hilfe aber keine Abschiebung, so Dünnwald. An den Rückführungen beteiligten sich neben Bayern auch Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Hamburg sowie Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz.

Nicht unter den Abgeschobenen war dagegen ein Afghane, der vorigen Mittwoch in Abschiebegewahrsam genommen worden war. Der Mann befinde sich seit zwei Jahren in Deutschland, gehöre der Minderheit der Hasara an, die in Afghanistan häufig verfolgt wird, erklärte seine Anwältin Myrsini Laaser. »Für heute ist erst einmal aufatmen angesagt«, schrieb sie auf Facebook. Nach erneuter Prüfung habe das Bundesamt entschieden, dass ihr Mandant nicht abgeschoben und der Folgeantrag erneut geprüft werde.

Gegen den Abflug der tschechischen Maschine nach Kabul demonstrierten am Dienstag am Airport Leipzig/Halle rund 150 Menschen. Der sächsische Flüchtlingsrat erklärte, es grenze an Mord, wenn Menschen wissentlich in ein Kriegsgebiet abgeschoben werden.

Über die Sicherheitslage am Hindukusch gibt es sehr unterschiedliche Einschätzungen. Während das Auswärtige Amt Ende Juli in einem Zwischenbericht Abschiebungen in sichere Provinzen für zulässig hält, warnt das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR eindringlich vor einer sich verschlechternden Sicherheitslage. Erst in der vergangenen Woche gab es eine islamistische Anschlagserie, bei der fast 250 Menschen umkamen. Das Vorgehen der radikalislamistischen Taliban gegen die afghanischen Sicherheitskräfte ist in den vergangenen Monaten deutlich aggressiver geworden. Außerdem sind in einigen Provinzen auch Kräfte aktiv, die dem Islamischen Staat IS zugerechnet werden.

Trotz der unsicheren Lage am Hindukusch ist die Schutzquote bei afghanischen Asylbewerbern zuletzt gesunken. Im Jahr 2015 lag die sogenannte bereinigte Anerkennungsquote noch bei 77,6 Prozent, im vergangenen Jahr nur noch bei 60,5 Prozent. Rund 12 800 ausreisepflichtige Afghanen gab es im Februar dieses Jahres. Einhergehend mit der schlechten Sicherheitslage im Land sinkt auch die Bereitschaft unter den afghanischen Asylbewerbern, freiwillig nach Afghanistan zurückzukehren. Machten in den ersten neun Monaten des Jahres 2016 noch 2963 Afghanen davon Gebrauch, so waren bis September dieses Jahres nur noch 957 Personen.

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