Thüringens Bürgermeister verunsichert
Neues Gemeindemodell soll per Gesetz geregelt werden
Erfurt. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) hat sich auf einen Zeitplan festgelegt, um die stockende Gebietsreform wieder in Gang zu setzen. Ein Gesetz, in dem die ersten freiwilligen Gemeindefusionen geregelt werden, solle erstmals am 21. November im rot-rot-grünen Landeskabinett beraten werden, kündigte Maier am Mittwoch bei der Mitgliederversammlung des Gemeinde- und Städtebundes in Erfurt an. Am 19. Dezember wolle sich die Regierung mit einer Änderung der Kommunalordnung beschäftigen. Sie soll das neue Modell einer Verbandsgemeinde rechtlich regeln. »Die Verbandsgemeinde kommt«, so Maier. Am Donnerstag präsentierte die oppositionelle CDU die Ergebnisse einer Umfrage, wonach zwei Drittel der Thüringer gegen größere Landkreise und Gemeinden sind.
Maiers Plänen zufolge sollen Kommunen bis 31. März 2018 Anträge auf Prämien für Gemeindehochzeiten stellen können. Es gehe dabei nicht um eine Frist für mögliche Fusion, wohl aber für die Finanzhilfen des Landes. »Hochzeitsprämien kann es auch später noch geben, aber das ist rechtlich nicht sicher«, sagte der Minister.
Der Präsident des kommunalen Spitzenverbandes, Michael Brychcy, sowie viele Bürgermeister warfen der Regierung vor, mit einer bisher verkorksten Gebietsreform für viel Verunsicherung in den Kommunen gesorgt zu haben. Sie forderten Respekt vor der kommunalen Familie, aber auch höhere Zahlungen des Landes an Städte und Gemeinden.
Brychcy sieht ein Problem darin, dass die neue Kommunalordnung erst im Juli 2018 in Kraft treten soll - Monate nach der Antragsfrist für Fusionsprämien. Eine Umfrage des Verbandes ergab, dass sich von 478 Bürgermeistern 269 mit dem Modell einer Verbandsgemeinde anfreunden könnten. Allerdings beklagten Kommunalpolitiker bei dem Treffen in Erfurt, dass bisher zu viele Detailfragen offen seien.
Die Landesregierung war mit ihrem Vorhaben, die vielen Verwaltungsgemeinschaften in Thüringen abzuschaffen, auf Widerstand gestoßen. Das neue Gemeindemodell soll ein Kompromiss sein. »Wir haben Ihren Wunsch nach mehreren Modellen ernst genommen«, sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow (LINKE). Er verstehe allerdings die Schärfe der Auseinandersetzung nicht. Ramelow bot den Bürgermeistern an, gemeinsam Strategien für effiziente Strukturen zu entwickeln.
Der Innenminister machte deutlich, dass es für die Kommunen, die sich im Modell Verbandsgemeinde zusammenfinden wollen, keine finanzielle Benachteiligung geben wird. »Es wird keine abgestufte Hochzeitsprämie geben.« Neben Gesetzen zur Gemeindeneugliederung und Änderungen der Kommunalordnung werde es auch neue Richtlinien für die Vergabe von Landesgeldern geben. Zum umstrittenen Finanzausgleichsgesetz, das die Zahlungen des Landes an die Kommunen regelt, sagte Maier: »Ich bin gern dazu bereit, an dieses Monster heranzugehen.«
Laut einer von der CDU in Auftrag gegebenen Umfrage sprechen sich 65 Prozent der befragten Thüringer gegen größere Kommunalstrukturen aus. Das teilte die CDU-Landtagsfraktion am Donnerstag in Erfurt mit. Mitte Oktober seien 1002 Thüringer repräsentativ befragt worden. Demnach seien nur 27 Prozent der Thüringer der Meinung, dass das Land größere kommunale Strukturen brauche. Nach den bisherigen Plänen der Regierungskoalition sollen Gemeinden künftig mindestens 6000 Einwohner haben, Landkreise 130 000. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.