Platz für ein Märchen

  • Lesedauer: 3 Min.

Hannover. Nach drei Jahren Bauzeit ist der umgestaltete Plenarbereich des Niedersächsischen Landtags am Freitag in Hannover eröffnet worden. Im Gegensatz zu seinem 1962 entstandenen Vorgänger hat der neue Saal große Fenster, ist hell und es herrscht gute Luft. Durchs alte Sitzungsdomizil waren wegen undichter Rohre manchmal üble Gerüche gezogen. Gut 58 Millionen Euro hat der Umbau gekostet, rund fünf Millionen mehr als geplant. Im Vergleich zu ähnlichen Bauten anderer Bundesländer sei das immer noch kostengünstig, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) während des Festakts, bei dem auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier anwesend war. Er wünschte dem Saal, dass in ihm stets Dialog, Konsens und Verständnis vorherrschen »und nicht das Spektakel«.

Ob das in den kommenden fünf Jahren so sein wird, bleibt abzuwarten. Eine Regierungsbildung gestaltet sich derzeit nämlich schwierig. SPD und Grüne haben bei den Landtagswahlen vor zwei Wochen ihre Mehrheit verloren, weil die Ökopartei satte Verluste erlitten hat. Eine Erweiterung des Bündnisses mit der FDP zur sogenannten Ampel-Koalition wäre zwar naheliegend, doch machen die Liberalen dabei nicht mit. Kategorisch lehnte der FDP-Landeschef Stefan Birkner diese Regierungsoption noch am Wahlabend aus, was an der Parteibasis nicht unumstritten ist. Aber auch nach einem offiziellen Gespräch mit der SPD bleibt es beim Nein.

CDU-Chef Bernd Althusmann dagegen hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er trotz der heftigen Wahlniederlage einen »Gestaltungsauftrag« für seine Partei sieht. Nach Opposition klingt das nicht. Und folglich lotet er auch alles aus, was möglich ist. Doch ein Dreierbündnis mit der FDP und der Ökopartei wird es nicht geben. Das war schon nach einem ersten Treffen mit den Grünen klar, die den heftig geführten Wahlkampf nicht vergessen haben. »Vorher mit Dreck werfen und jetzt mit Schmierseife um die Ecke kommen«, kommentierte die Grüne Landesvorsitzende Meta Janssen-Kucz den Vorstoß der CDU. Für Althusmann ist das Amt des Ministerpräsidenten damit in weite Ferne gerückt.

Möglich ist somit eigentlich nur noch eine Große Koalition. Ein erstes Treffen dafür fand am Donnerstag statt. Und alle Beteiligten haben sich offenbar zusammengerissen, attestierten hinterher, es sei ein »gutes Gespräch« gewesen. »Wir sind nicht so laut geworden, wie das gelegentlich im Landtag der Fall ist«, sagte Weil im Anschluss. Wenn es nun tatsächlich zu einem rot-schwarzen Bündnis kommen sollte, dann wäre das ein Zweckbündnis, das auf Länderebene seinesgleichen sucht. Längst kursiert dafür ein Vergleich - es wäre eine Koalition von Rotkäppchen und dem Wolf.

»Nicht lange reden. Einfach machen« hieß Althusmanns Plakatslogan im Wahlkampf, als hätte er eine mögliche Vernunftehe bereits vorhergesehen. »Sturmfest und stark«, lautete Weils Losung. Keine Frage, bei einer Großen Koalition wird er das sein müssen. haju/sot

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.