Delmenhorst verriegelt Problemhäuser
Niedersachsen: Stadt plant Abriss im Wollepark
Hat sich noch irgendwer irgendwo versteckt? Vielleicht im Bad oder in einem Kellerraum? Gründlich haben Mitarbeiter der nahe Bremen gelegenen Stadt Delmenhorst am Mittwoch die beiden maroden Häuser im Wollepark durchsucht. Überprüft werden musste, ob die Gebäude tatsächlich verlassen wurden, so wie es die niedersächsische Kommune angeordnet hatte. Erst als fest stand, dass niemand mehr da war, tauschten Handwerker die Schlösser der Eingangstüren aus, sperrten sie zu.
»Wir haben es in den vergangenen Monaten geschafft, dass die Häuser nun leer sind«, stellte Delmenhorsts Oberbürgermeister Axel Jahnz (SPD) sichtlich erleichtert fest. Die Stadt habe aufgrund der unzumutbaren Zustände in den Gebäuden keine andere Wahl gehabt, als die Häuser für unbewohnbar zu erklären. Das sei der richtige Weg gewesen, so der OB.
Beschritten hatte die Kommune diesen Weg zum einen angesichts »schwerer baulicher Mängel« - zum anderen wegen der Gas- und Wassersperre, von der die 350 Bewohner seit Frühjahr betroffen waren. Die Stadtwerke hatten die Versorgung eingestellt, weil mehrere Eigentümer und Mieter die dafür fälligen Abschläge nicht gezahlt oder nicht weitergeleitet hatten. Schließlich summierten sich die Schulden auf 130 000 Euro.
Kochen, duschen, Wäsche waschen, das Spülen auf dem Klo - nichts ging mehr. Auch die Heizung blieb kalt. Wasser mussten sich die Menschen aus Hydranten holen, Nottoiletten waren draußen aufgestellt worden, in den Wohnungen halfen Jacken und Decken gegen das Frieren. Nicht länger hinzunehmen seien solche Missstände, befand die Stadt, nicht zuletzt mit Blick auf den nahen Winter. Zudem sei in mehreren Wohnungen auch der Strom abgestellt worden, in den Häusern gebe es keine sicheren Rettungswege mehr, und draußen seien inzwischen weder eine Feuerwehrzufahrt noch Aufstellplätze für Löschfahrzeuge vorhanden. All dies habe dazu geführt, dass die Häuser »zum Schutz der Bewohner« für unbewohnbar erklärt wurden, erläutert die Stadt.
Was soll aus den Gebäuden werden? Zu dieser Frage hatten sich Eigentümer und Mieter im September während eines Anhörungstermins äußern können. Dabei aber, so die Stadt, »haben die verantwortlichen Wohnungseigentümer keine Perspektiven aufgezeigt, wie die schweren baulichen Mängel behoben werden können«. Es sei für die Behörde ohnehin schwierig, zu allen 50 Eigentümern, denen die 80 Wohnungen gehören, Kontakt aufzunehmen. Einige haben ihre Namen geändert oder sind ins Ausland verzogen, heißt es aus der Verwaltung.
Verzogen sind derweil auch die Menschen, die in den Häusern gewohnt hatten. In einer Notunterkunft sind 28 der Betroffenen untergebracht, 59 nutzen ein von der Stadtverwaltung angebotenes Ausweichquartier. Einige ehemalige Wolleparkler haben sich selbst eine neue Bleibe gesucht, andere haben offenbar die Stadt Delmenhorst verlassen.
Deren Verwaltung möchte die beiden Häuser kaufen und abreißen lassen, um Platz zu bekommen für neue Wohnbebauung. Doch das dürfte schwierig werden, weil die Eigentumsrechte an den Wohnungen der gesperrten Häuser auf viele Personen verteilt sind. Auch gibt es inzwischen eine neue Eigentümerverwaltung, und aus ihren Reihen wird geäußert: Man wolle die Gebäude wieder herrichten. Die Stadtverwaltung indes geht davon aus, dass sich die Häuser »nicht mit einem wirtschaftlich vernünftigen Aufwand sanieren lassen«.
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