Klage von Julius Meinl abgewiesen
Eine Bank hatte gegen die Republik Österreich geklagt - und nun verloren
Es geht um viel Geld, um sehr viel Geld. Das bei der Weltbank in Washington angesiedelte exterritoriale Schiedsgericht wies eine Klage der Meinl-Bank gegen die Republik Österreich ab. Meinl hatte 200 Millionen Euro als Entschädigung für verlustreiche Bankgeschäfte gefordert. Behördliche Maßnahmen hätten seinem Investment in Österreich geschadet, so das Unternehmen, das sich dabei auf ein Investitionsschutzabkommen stützte.
Das Verfahren der Meinl-Kapitalgesellschaft gegen die Republik beruht auf einem von Hunderten Investitionsschutzabkommen, die bilateral zwischen Staaten abgeschlossen werden und private Investoren vor staatlichen Einflüssen sichern sollen. Seit Jahren findet kaum ein größeres privates Investment mehr ohne solche Schutzgarantien statt. Es dürfen nur Private gegen Staaten klagen und nicht umgekehrt. Die Gerichtsbarkeit, die über die Rechtmäßigkeit entscheidet, sitzt außerhalb nationalstaatlicher Kontrolle bei der Weltbank und nennt sich »International Center for Settlement of Investment Disputes« (ICSID). 150 Staaten erkennen dieses Schiedsgericht an. Ein Land wie Deutschland hat »Investitionsförderungs- und Schutzverträge« mit über 130 Ländern abgeschlossen.
Im vorliegenden Fall Meinl gegen Österreich beruft sich die Bank auf einen solchen bilateralen Vertrag zwischen Wien und Valetta. Erst kürzlich verschob Julius Meinl den Sitz seiner Bank nach Malta; eine Klagemöglichkeit auf Basis eines Investitionsschutzabkommens wurde damit erleichtert. Sein Vorwurf an die Republik Österreich wirkt bizarr. Seit acht Jahren, so die Anwälte des Klägers, würde die Meinl-Bank juristisch verfolgt und hätte mit Klagen vor Wiener Gerichten zu kämpfen. Diese würden den Ruf des Finanzhauses schädigen und die Gewinnchancen beeinträchtigen. Dafür wolle man 200 Millionen Euro als Kompensationszahlung.
Julius Meinl steht in 5. Generation einem der kapitalkräftigsten Unternehmen Mitteleuropas vor. Den Lebensmittelhandel, den seine Vorfahren aufgebaut hatten, veräußerte er zum Großteil und steckte das Kapital in Immobilien- und Bankgeschäfte. Um starke Unregelmäßigkeiten bei mindestens zwei Immobilienfonds geht es auch in der vorliegenden Causa. Zusammen mit dem damals aus der Regierung ausscheidenden Finanzminister Karl-Heinz Grasser, dem in drei Wochen wegen anderer Untreuevorwürfe der Prozess gemacht wird, legte Meinl unter anderem den Meinl European Land (MEL) Fond auf und warb mit dem Gesicht des damals noch populären Ex-Finanzministers um Investoren für osteuropäische Bauvorhaben.
Ins Visier der österreichischen Justiz geriet er, weil er die schwächelnde Aktie von MEL mit dem Rückkauf eigener Aktien vor einem Absturz an der Börse schützen wollte und dies vor den anderen Anlegern geheim hielt, was nicht nur laut österreichischem Gesetz strafbar ist. Die Staatsanwaltschaft klagte ihn daraufhin wegen Betrugs, Untreue und Provisionsschinderei an, ein Richter ließ ihn wegen Fluchtgefahr - Meinl ist britischer Staatsbürger und besitzt große Ländereien in Uruguay - festnehmen. Nach einer Nacht in Untersuchungshaft wurde er gegen Kaution von 100 Millionen Euro und der Abgabe seines britischen Passes auf freien Fuß gesetzt. Weitere Ermittlungsverfahren laufen.
Über das österreichisch-maltesische Investitionsschutzabkommen wollte der Spekulant und Investor nicht nur die Kassen seiner Immo-Fonds wieder füllen, sondern auch den juristischen Spieß umdrehen. Aus persönlicher Untreue und Betrug wäre dann ein staatliches Vergehen gegen einen Investor geworden. Gerade darin liegt die immense Gefahr aller Investitionsschutzabkommen, bei deren Schlichtungsstelle in Washington im Übrigen 70 Prozent für den Investor und gegen den Staat ausgehen.
Dass die Republik Österreich in diesem Fall als Sieger hervorging, ist erfreulich, wiewohl nicht beruhigend, denn immerhin musste sie über zwei Jahre lang darum kämpfen, blieb auf den Gerichtskosten sitzen und ist nicht gefeit vor einem nächsten Angriff, den die Anwälte von Meinl schon angekündigt haben.
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