Chinas großer Schuldner

Eine Verschlechterung der Beziehungen mit Peking kann sich Trump kaum leisten

  • Werner Birnstiel
  • Lesedauer: 3 Min.

Auf »Staatsbesuch plus« wurde der am Mittwoch beginnende Chinabesuch von US-Präsident Donald Trump von Pekings Botschafter in Washington hochgestuft. Tatsächlich kommt der Besuch im Reich der Mitte der dortigen Führung exakt zwei Wochen nach Beendigung des 19. Parteitages der KP Chinas durchaus zupass. Dieser leitete eine »neue Ära« ein, und Präsident Xi Jinping geht innenpolitisch gestärkt in die Verhandlungen. So kann er flexibel auftreten, um jedoch umso konsequenter chinesische Interessen zu vertreten. Der innenpolitisch unter zunehmenden Druck stehende Trump braucht seinerseits dringend außenpolitische Erfolge. Eine Zuspitzung der Beziehungen zu China kann er sich kaum leisten.

Vornan steht bei den Verhandlungen die Koreafrage. China zielt wie eh und je auf eine politische Lösung gegen die Atom- und Raketenrüstung Pjöngjangs, beteiligt sich auch an UN- Sanktionen gegen die Demokratische Volksrepublik Korea. Peking betont jedoch, dass durch die militärische Eskalation der Spannungen das Problem nicht zu lösen sei.

Ein weiterer Schwerpunkt der Verhandlungen werden die bilateralen Handelsbeziehungen sein. Das Defizit der USA gegenüber China ist unverändert gigantisch. Der Gesamthandel 2016 betrug 519,6 Milliarden US-Dollar bei einem Export Chinas von 385,2 Milliarden und Importen aus den USA von nur 148,7 Milliarden US-Dollar. Trotz markiger Sprüche Trumps wird sich daran nichts ändern. Die USA sind und bleiben Großschuldner Chinas, stehen sie doch auch noch mit über 1,1 Billionen Dollar bei Staatsanleihen in der Kreide.

Politisch ist bemerkenswert, dass Trump zwar die verfehlte Doktrin seines Vorgängers Brack Obama nach einer Blockade des Aufstiegs Chinas in der asiatisch-pazifischen Region nicht aufgab und Washingtons Verbündetensystem verstärkte. Pragmatisch hat er kürzlich aber darüber hinaus das von Japan angeregte Konzept »Indischer Ozean-Pazifik« unterstützt, an dem Japan, die USA, Indien und Australien teilnehmen sollen. Man möchte einen Seekorridor nach Afrika und in den Nahen Osten schaffen, der Freihandel und Kooperationen im Militärbereich beinhaltet.

Peking sieht dem gelassen entgegen. Denn das Dilemma der USA ist, dass sie ihre Sicherheitszusagen nicht mit wirtschaftlichen Vorteilen für beteiligte asiatisch-pazifische Länder verknüpfen, sondern weitestgehend zur Umsetzung eigener Interessen unter der Losung »America first« nutzen wollen.

Zweifellos hat sich die Konkurrenz zwischen China und den USA seit Trumps Amtsantritt verstärkt. Peking geht aber davon aus, dass sich die Beziehungen trotz etlicher Hindernisse weiter entwickeln. Für die Verhandlungen in Peking wird kalkuliert, dass Trump in seiner Asien-Pazifik-Politik China als Hauptrivalen betrachtet. Kontroversen gibt es zum zum Südchinesischen Meer und Waffenlieferungen an Taiwan wie auch zur ersten chinesischen logistischen militärischen Überseebasis in Djibouti.

Ebenso wird von Pekinger Experten aber eingeschätzt, dass die Länder der Region längst nicht mehr bereit sind, einer Eindämmungspolitik der USA gegen China zu folgen. Für Trump als Handlungsreisenden in Sachen Verkauf US-amerikanischer Kriegsgüter wird es - außer im rechtskonservativ regierten Japan unter Ministerpräsident Abe - schwieriger, diese mit dem Verweis auf eine chinesische »Bedrohung« unterzubringen.

So regt sich in Südkorea inzwischen massiver Widerstand, das amerikanische Antiraketen-Raketensystem THAAD zu kaufen. Der neue Präsident Moon Jae In bekundet Interesse am Dialog mit Pjöngjang und beharrt auf dem Vetorecht Seouls bei einem Militäreinsatz gegen den Norden. Peking würdigte seine Haltung als ausgesprochen förderlich für die Beziehungen.

Als beiderseits genau kalkuliert konnte gelten, dass eine Woche vor Trump bereits Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedjew in Peking weilte. Es wurden fast 20 Kooperationsabkommen in den Bereichen Atomenergie, zivile Luftfahrt, Raumfahrt, komplexe grenzübergreifende Infrastrukturentwicklung - das Seidenstraßenprojekt lässt grüßen - unterzeichnet. Demonstrativ wurden die Beziehungen China-Russland als so gut wie noch nie in ihrer langen Geschichte bewertet.

Unser Autor ist promovierter Sinologe. Er berät und begleitet Unternehmen bei der Markterschließung in China.

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