Eine Geste an die Reformer

Höhn verlässt Vorstand enttäuscht, Wolf rückt nach

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Frustration ist den Zeilen deutlich anzumerken. Auch wenn Matthias Höhn in seiner Erklärung an den Parteivorstand, der sich an diesem Samstag mit seinem Rücktritt und der Frage nach einer Amtsnachfolge zu beschäftigen hat, gewohnt loyal und verbindlich formuliert, dabei auch keine Personen anklagt, benennt er deutlich die Gründe, die ihn zu der Entscheidung bewogen, nach über fünf Jahren die Flinte ins Korn zu werfen. Weit oben steht dabei sein politisches Scheitern bei der Durchsetzung einer Wahlkampfstrategie der LINKEN zur Bundestagswahl. Es bleibe bedauerlich, dass über seine Vorschläge keine breite Sachdebatte in der Partei geführt worden sei, schreibt Höhn. Kritiker hatten dem Bundeswahlkampfleiter eine zu starke Orientierung auf Rot-Rot-Grün vorgeworfen. Das weist Höhn nun indirekt als »unzutreffend simpel« zurück. Man habe seiner »persönlichen Integrität und Autorität als Bundesgeschäftsführer« Schaden zufügen wollen. Schon seine Berufung zum Bundeswahlkampfleiter 2016 sei von längeren Diskussionen im Vorstand begleitet gewesen, »ein großer Teil der Anwesenden sah sich zu einer Unterstützung nicht in der Lage«.

Auch in seiner Rolle als Vertreter des sogenannten Reformerflügels sieht Höhn sich offenkundig gescheitert. Den Erwartungen vieler in der Partei, dass seine Wahl als »reformpolitischer Ausgleich« dienen solle, habe er über die Jahre nie wirklich gerecht werden können, schreibt er. Teils sei ihm diese Rolle politisch nicht zugestanden worden.

Die Parteivorsitzenden bemühten sich am Freitag nach Kräften, den Eindruck zu zerstreuen, Höhn sei im Streit mit der Parteiführung oder gar auf ihr Betreiben zurückgetreten. In einer Erklärung bedauern Katja Kipping und Bernd Riexinger die Entscheidung Höhns. Und übereinstimmend mit ihm selbst würdigen sie die Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit, die sich in den Erfolgen der Partei zuletzt in der Bundestagswahl wie auch in der Mitgliederentwicklung zeige. Allein in diesem Jahr verzeichnet die LINKE einen Zuwachs von 7000 Mitgliedern. Und mit ihrem Vorschlag, den Berliner Landespolitiker Harald Wolf zunächst als Interimslösung bis zum Parteitag im Juni kommenden Jahres vorzuschlagen, ist zugleich eine Geste an das Reformerlager verbunden.

Wie Wolf in der Zwitterstellung zwischen den Machtzentren Fraktions- und Parteichefs bestehen kann, wird sich zeigen. Höhn jedenfalls beklagt in seiner Begründung diese sehr deutlich. Und damit widerspricht er indirekt auch der Behauptung der Vorsitzenden, es habe keinen Zwist mit ihrem Bundesgeschäftsführer gegeben.

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