In der zweiten Reihe wird es eng

Gerangel um SPD-Vizechefposten / Natascha Kohnen soll auf Aydan Özoguz folgen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Vom angekündigten Erneuerungsprozess der SPD ist noch nicht viel zu erkennen. In diesen Wochen darf die Parteibasis bei Regionalkonferenzen das Gespräch mit führenden Genossen suchen, um nach der historischen Niederlage bei der Bundestagswahl etwas Dampf abzulassen. Die letzte dieser Veranstaltungen ist am Sonntag in Nürnberg geplant. Am Tag darauf will die SPD-Führung ihren Leitantrag für den Bundesparteitag vorstellen, der vom 7. bis 9. Dezember in Berlin stattfinden soll. In einem Entwurf hatte SPD-Chef Martin Schulz zunächst einmal eine Reihe von Fragen formuliert und angekündigt, über die Themenbereiche Europa, Digitalisierung und sozialer Fortschritt, Flucht und Migration sowie über die Stärkung von Zusammenhalt und Demokratie diskutieren zu wollen. Programmatisch bleibt die SPD also weiterhin vage.

Etwas weiter ist die Partei bei ihren Personalplanungen. Denn im Dezember stehen auch Vorstandswahlen an. Schulz will in der kommenden Woche sein Personaltableau vorstellen. Alles deutet derzeit darauf hin, dass er ohne Gegenkandidat als Vorsitzender bestätigt wird. Mehr Bewegung gibt es bei den Stellvertreterposten. Am Montag wurde bekannt, dass die Staatsministerin und Integrationsbeauftragte Aydan Özoğuz nicht erneut als SPD-Vizechefin kandidieren will. Für die Hamburgerin soll eine Schnittstellenfunktion zwischen Fraktion und Partei geschaffen werden, in der sie sich weiterhin mit den Themen Integration und Bekämpfung von Fluchtursachen beschäftigen wird.

Nachfolgerin von Özoğuz in der engeren Parteiführung soll die bayerische SPD-Vorsitzende Natascha Kohnen werden. Offenbar hoffen die Sozialdemokraten, dass sie somit die Bekanntheit ihrer süddeutschen Genossin steigern können. Kohnen ist Spitzenkandidatin für die bayerische Landtagswahl im Herbst kommenden Jahres. Die SPD liegt dort mit Umfragewerten zwischen 15 und 17 Prozent weit hinter der ebenfalls schwächelnden CSU zurück.

Fraglich ist, ob auch die scheidende Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann, die ebenfalls aus Bayern kommt, noch Chancen auf einen Vizeposten hat. Neben Kohnen wollen nämlich mit den Regierungschefinnen von Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz, Manuela Schwesig und Malu Dreyer, zwei weitere prominente SPD-Frauen für die Stellvertreterposten kandidieren. Aus Sicht der Jungsozialisten sollte der Vorstand weiter aufgebläht werden, um das Problem zu lösen. Juso-Vize Kevin Kühnert, der demnächst als neuer Vorsitzender des SPD-Nachwuchses kandidieren will, forderte unlängst, die Zahl der Stellvertreter im SPD-Bundesvorstand zugunsten von Uekermann um einen Posten auf sieben zu erhöhen. Vor einigen Jahren war die SPD allerdings noch mit vier Stellvertretern ausgekommen.

Schulz hatte andere Pläne als die Jusos. Er soll Uekermann vor wenigen Wochen vorgeschlagen haben, das Amt der Bundesgeschäftsführerin von Juliane Seifert zu übernehmen. Doch sie hatte abgelehnt. Dem Vernehmen nach war der Posten für sie wenig attraktiv, weil er mit viel Verwaltungsarbeit - beispielsweise mit der Organisation von Parteitagen - verbunden ist. Uekermann will sich vor allem programmatisch einbringen. Mit Schulz, den sie im Wahlkampf unterstützt hatte, versteht sich die Nachwuchspolitikerin sehr gut. In der Parteiführung dürften ihre Ambitionen aber nicht nur auf Begeisterung gestoßen sein. Die junge Sozialdemokratin vertritt linke Positionen und hatte sich in den vergangenen Jahren bei den Debatten über das Freihandelsabkommen CETA und zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung gegen die SPD-Spitze gestellt. Nachdem Uekermann den damaligen Parteichef Sigmar Gabriel öffentlich kritisiert hatte, schalteten sich wichtige SPD-Funktionäre ein. Thomas Oppermann bezeichnete Uekermann als »unsolidarisch«. Noch härtere Worte sollen von Gabriels engem Vertrauten, dem Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Matthias Machnig, zu hören gewesen sein.

Auch bei den Männern gibt es offenbar mehr Anwärter auf Stellvertreterposten als zu vergebende Ämter. Wie die »Welt« berichtete, wollen der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz sowie die Landeschefs aus Hessen und Schleswig-Holstein, Thorsten Schäfer-Gümbel und Ralf Stegner, ihre Posten behalten. Außerdem soll der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD, Michael Groschek, Ambitionen haben.

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