- Politik
- Österreich nach der Wahl
Auf dem rechten Weg
Koalitionsverhandlungen in Österreich kommen zu ersten Ergebnissen
Anders als in Deutschland kommen die Koalitionsgespräche in Österreich, das vier Wochen später gewählt hatte, gut voran. Die Ausgangsposition ist um vieles einfacher. ÖVP und FPÖ verfügen zusammen über eine satte Mehrheit von 58 Parlament im Nationalrat; beiden gemeinsam ist auch eine restriktive Migrationspolitik.
Ein erster Verhandlungserfolg konnte bereits gemeldet werden: Das Kapitel »Innere Sicherheit« ist so gut wie abgeschlossen. Die Chefs von ÖVP und FPÖ, Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache, traten gut gelaunt vor die Kameras und gaben sich ob der beschlossenen Verschärfung des Asyl- und Fremdenrechtes optimistisch. Die neue Asylpolitik soll illegale Migration auf null reduzieren und Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern erleichtern. Konkret geplant ist, dass Antragsteller in der Grundversorgung künftig nur mehr Sachleistungen statt Geldzuwendungen erhalten. Auch soll die individuelle Unterbringung verunmöglicht werden. Mit anderen Worten: Menschen, die um Asyl ansuchen, werden an die ganz kurze Leine genommen; ein würdevoller Umgang mit ihnen soll nicht mehr stattfinden.
Außenminister Sebastian Kurz verkündete zudem, dass sich beide Koalitionspartner darauf geeinigt hätten, Zuwanderung von Ausländern in das österreichische Sozialsystem nach Möglichkeit unterbinden zu wollen. Weil dies mit der sogenannten Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht vereinbar ist, müsse über Fristen, ab denen Sozialleistungen beansprucht werden können, geredet werden.
Die weitreichendste Einigung beim bevorstehenden Sozialabbau dürfte die Deckelung der Mindestsicherung sein. Mit ihr wird sozial Schwachen, ob Flüchtlingen oder ansässigen Österreichern, unter die Arme gegriffen. ÖVP und FPÖ planen eine Höchstsumme für Einzelpersonen und Haushalte, wie sie seit 1. Oktober 2017 in Oberösterreich in Kraft ist. Dort erhalten Haushalte höchstens 1500 Euro monatlich.
Bis zum kommenden Wochenende will die rechte Parteienallianz neben der Einigung im Bereich der »Inneren Sicherheit« auch andere Kapitel der Verhandlungen abgeschlossen haben. Unüberwindbare inhaltliche Hürden dürften sich dabei nicht auftun, zumal die FPÖ bereits im Vorfeld ihren Kotau vor der Europäischen Union gemacht hat. EU-kritische Äußerungen, die für die ÖVP inakzeptabel wären, sind verstummt. Einzig in der Frage der zukünftigen Russlandpolitik liegen die Parteien doch recht weit auseinander. Eine Reihe von FPÖ-Funktionären plädiert nicht nur für die Aufhebung der Sanktionen, sondern auch für die Anerkennung der russischen Krim-Politik. Die ÖVP lehnt vor allem letzteres ab.
Schwieriger als die inhaltlichen werden die Personaldiskussionen sein. Diesbezüglich goss Bundespräsident Alexander van der Bellen Öl ins Feuer, als er ausgerechnet vor den Botschaftern der EU-Mitgliedsstaaten zwei FPÖ-Kader brandmarkte und versicherte, diese nicht als Minister anzugeloben, wozu ihm die Verfassung die Möglichkeit gibt. Einer von ihnen, Harald Vilimsky, ist als EU-Abgeordneter für die Kontakte zur europäischen Rechten zuständig, der andere, Johann Gudenus, ist Wiener Vizebürgermeister und unterhält seit seinem Studium an der Lomonossow-Universität enge Beziehungen zu Russland. Van der Bellens frühzeitige Einmischung in Personalfragen zeugte nicht gerade von diplomatischem Geschick und gibt der FPÖ die Möglichkeit, sich als verfolgtes Opfer darzustellen.
Vergangene Woche kam es zu einer Protestkundgebung, die sich allerdings nicht wie im Jahr 2000 gegen die ÖVP-FPÖ-Koalition als solche, sondern gegen einzelne rechte Abgeordnete der FPÖ richtete, die in Burschenschaften aktiv sind. An der Lichterkette nahmen geschätzte 5000 Personen teil.
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!