Der kleine Bruder im Fokus
Neukölln will mit neuem Handlungskonzept stärker gegen junge Straftäter vorgehen
Neukölln will konsequenter gegen Kinder- und Jugendkriminalität im Bezirk vorgehen. Ein entsprechendes Handlungskonzept stellte Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) zusammen mit Vertretern des Amtsgerichts Tiergarten, der Berliner Staatsanwaltschaft und der Polizeidirektion 5 am Montag vor. »Es geht uns mit unserem neuen Ansatz nicht in erster Linie um die Intensivtäter, sondern um die kleinen Brüder«, sagte Giffey.
Mit dem auf Prävention ausgerichteten Handlungskonzept wolle man insbesondere die Familien junger Mehrfachtäter mit Zuwanderungshintergrund erreichen. So solle verhindert werden, dass bereits straffällig gewordene Jugendliche »komplett auf die schiefe Bahn geraten«, sagte Giffey. So soll die Anzahl der Straftäter im Bezirk allgemein reduziert werden. Aktuell werden 45 Personen in Neukölln als jugendliche Intensivtäter eingestuft.
Um das zu erreichen, sei es zentral, dass die jeweiligen Behörden mit ihren fördernden, intervenierenden und repressiven Handlungsweisen besser zusammenarbeiten, sagte die Bezirksbürgermeisterin.
Kern der neuen Strategie ist die Einsetzung einer Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendkriminalität. Das Team besteht aus drei Sozialarbeitern, die mit den jungen Mehrfachtätern und ihren Familien in Kontakt treten und wegweisend zur Seite stehen. Durch persönliche Gespräche werden Ziele entworfen, die die Jugendlichen in ihrem neuen Alltag verfolgen sollen. Wichtig hierbei ist es laut Giffey, den jungen Menschen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie ihren Alltag ohne Kriminalität meistern können.
»Die Polizei alleine schafft die Bekämpfung der Jugendkriminalität nicht«, sagte Petra Roeßmann, Leiterin der zuständigen Inspektion der Polizeidirektion 5. Der auf die Kooperation der Behörden fokussierte Ansatz des neuen Handlungskonzepts ermögliche eine nachhaltigere Arbeit.
Aktuell 28 Jugendliche fallen in den Aufgabenbereich der AG Kinder- und Jugendkriminalität. Die Mehrheit von ihnen stammt aus arabischen Familien, oft mit fragilen Verhältnissen. Die Jugendlichen, die von den Sozialarbeitern betreut werden, sind mehrfach straffällig geworden, schwänzen oft die Schule und haben ein schlechtes Freundesumfeld.
Durch eine Datenschutzerklärung, die die Täter und deren Familien auf freiwilliger Basis unterzeichnen, haben die verschiedenen Behörden die Möglichkeit, Hintergrundinformationen auszutauschen. Dass alle der 28 Delinquenten eine solche Erklärung unterzeichnet haben, zeuge vom Erfolg des Konzepts, betonte Giffey. »Es geht um die richtige Balance zwischen fördern und Grenzen aufzeigen«, so die Bezirksbürgermeisterin.
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