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Betonklötze in Geschenkpapier
Wie die Polizei und die Veranstalter Weihnachtsmärkte gegen Terroranschläge schützen wollen
Betonpoller, Sandsäcke und Stahlseile, Wassertanks und Metallstelen sollen die Weihnachtsmärkte in Deutschland vor Terroranschlägen schützen. Ein Jahr nach dem tödlichen Anschlag mit einem Lastwagen auf einen Berliner Weihnachtsmarkt haben die meisten Städte in Deutschland ihr Sicherheitskonzept überarbeitet, wie eine dpa-Umfrage ergab. Fast überall werden mehr Polizisten unterwegs sein - gut sichtbar mit Maschinenpistole, aber auch in Zivil. Einige Städte wie Frankfurt am Main, Dresden und Kiel richten Polizeiwachen auf dem Weihnachtsmarkt ein.
Der Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz öffnet ein Jahr nach dem Anschlag mit zwölf Toten am Montag auch wieder - gesichert von Betonsperren. Fast alle Händler sind wieder dabei, nur einer habe nicht mehr gewollt, heißt es beim Schaustellerverband. Zum Gedenken an die Opfer bleibt der Markt aber am Jahrestag des Attentats (19. Dezember) geschlossen.
Manche Städte verschönern die klotzigen Absperrungen: Bochum verpackt sie wie Weihnachtsgeschenke, mit bunter Folie und roten Schleifen. In Augsburg werden die Kleinlaster der Händler als Terrorsperren geparkt - und dekoriert. München setzt unter anderem Pflanzkübel als Sicherheitssperren ein - mit zur Jahreszeit passendem Immergrün.
Auch Videoüberwachung und Lautsprecheranlagen sollen Millionen Menschen ein unbeschwertes Vergnügen bei Glühwein und Lebkuchen ermöglichen. München, Nürnberg, Augsburg und Trier haben zudem stichprobenartige Kontrollen von Taschen, Rucksäcken und Gepäck angekündigt. Videokameras sind etwa in Städten wie Frankfurt am Main, Potsdam, Kiel, Oldenburg und Trier im Einsatz. Lautsprecheranlagen gibt es unter anderem in Frankfurt, München und Nürnberg. Der Dresdner Striezelmarkt hat ein eigenes Wlan-Netz für die Kommunikation im Notfall.
Die meisten Menschen lassen sich offenbar von der abstrakten Gefahr eines Terroranschlags nicht schrecken: Fast drei Viertel der Erwachsenen geben in einer repräsentativen Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov an, mindestens einen Weihnachtsmarkt besuchen zu wollen.
Große und berühmte Weihnachtsmärkte sind nach Einschätzung eines Terrorismus- und Radikalisierungsforschers von der Universität Kiel grundsätzlich ein attraktives Ziel für Terroristen. »Da sind viele Menschen, es gibt einen ungehinderten Zugang, und sie sind ein Symbol sowohl für Christentum als auch für Konsumkultur«, sagte Jannis Jost vom Institut für Sicherheitspolitik der dpa. »Die Täter, mit denen wir es in Deutschland überwiegend zu tun haben, fahren aber nicht quer durchs Land zum attraktivsten Ziel«, glaubt der Politik- und Islamwissenschaftler. »Sie suchen sich nicht das beste und größte Ziel, sondern schlagen relativ opportunistisch in ihrem Umfeld zu.« Zwei Polizisten sowie einige Betonpfeiler könnten bei diesen Tätern durchaus schon zu der Einschätzung führen, dass ein bestimmter Weihnachtsmarkt kein attraktives Ziel sei - unabhängig von der tatsächlichen Schutzwirkung der Maßnahmen. Nürnberg stellt zum Schutz des weltweit bekannten Christkindlesmarkts erstmals Metallstelen auf. Sie sind 1,50 Meter hoch, mobil und dicht gestaffelt. Außerdem blockieren quergestellte Polizeifahrzeuge Zufahrten. Alle Marktleute werden über einen SMS-Verteiler benachrichtigt, wenn eine Gefahr droht - die kann aber auch von Taschendieben oder einem Unwetter herrühren.
Eine deutliche Kennzeichnung der Flucht- und Rettungswege gehört auch zu vielen Sicherheitskonzepten. »So dass man immer sieht: Wo komme ich am besten durch, wenn ich weg muss«, beschreibt eine Sprecherin der Stadt Tübingen das Ziel.
Die Betonsperren gibt es in verschiedenen Ausführungen: In Essen beispielsweise werden mobile Sperren - mit Stahlseilen verbundene Betonklötze - und feste Bollwerke aus Beton aufgestellt. Aachen setzt erstmals versenkbare Poller ein. In Städten wie Münster werden Sperren aus Bussen und Lastwagen errichtet. In Dortmund gibt es ein zeitlich begrenztes Fahrverbot und Sperren für Lastwagen in der Innenstadt. In Braunschweig dürfen nur der öffentliche Nahverkehr und die Budenmitarbeiter auf der Zufahrtsstraße zum Weihnachtsmarkt unterwegs sein - bei Tempo 10.
Die sieben Weihnachtsmärkte in der Lübecker Altstadt werden mit Sandsäcken in den Zufahrten gesichert. Karlsruhe setzt unter anderem auf mit Wasser gefüllte Container. »Sie sind pragmatischer und effizienter«, sagt ein Stadtsprecher. Beton findet man dort »hässlich und ineffektiv«.
Poller seien grundsätzlich eine gute und preiswerte Schutzmaßnahme, sagte Terrorismusforscher Jost. »Sie wirken allerdings nur gegen Fahrzeuge und das vielleicht auch nicht so optimal, wie es möglich wäre.« Die Wirksamkeit hänge von der Qualität der Betonsperre ab. Einzeln aufgestellte Poller etwa könnten auch mitgerissen werden, besonders wirksam, aber auch teurer seien dagegen im Boden fest verankerte Sperren. Es komme aber vor allem auf die Menschen an: »Gut ausgebildete und gut ausgestattete Polizisten sind durch nichts zu ersetzen, weil sie auf alles reagieren können - vom verlorenen Kleinkind über Taschendiebe bis zum massiven Terroranschlag.« dpa/nd
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