• Politik
  • Rechtsextremist Franco A.

Ein Oberleutnant und der Kampf um Traditionen

Anmerkungen von René Heilig zur Entlassung des Rechtsextremisten Franco A. aus der Untersuchungshaft und dem Geist der Bundeswehr

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Haftbefehl gegen den Bundeswehr-Oberleutnant Franco A. aufgehoben. Das war zu erwarten. So wie zu erwarten war, dass nun noch offener Argumente gewetzt werden, um der amtierenden Verteidigungsministerin am politischen Zeug zu flicken. Was ist Stand der Dinge?

Die Ermittler hatten dem beim Jägerbataillon 291 in Illkirch nahe Straßburg stationierten Soldaten vorgeworfen, Anschläge auf linke Politiker und Personen des öffentlichen Lebens geplant zu haben. Aufgeflogen war der Soldat, weil er auf dem Wiener Flughafen Schwechat eine Pistole samt Munition deponiert hatte. Reinigungskräfte fanden die und als die Polizei alle vorhandenen Daten verglich, stellte sie fest, dass der Mann als angeblicher syrischer Flüchtling in Deutschland registriert ist.

Die naheliegende Vermutung: A. habe einen Anschlag Flüchtlingen in die Schuhe schieben wollen. Weitere Ermittlungen führten zu weiteren Verdächtigen. Und nun? Sowohl die (öffentlich bekannten) Ermittlungsergebnisse wie die Einlassungen der Bundesrichter sind etwas mysteriös.

A. befand sich seit Ende April in Untersuchungshaft. Am Mittwoch hat der 3. Strafsenat des Karlsruher Gerichts nun befunden, dass es keinen dringenden Tatverdacht für den erhobenen Vorwurf der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gebe. Aber: Es gebe keine neuen Erkenntnisse, die Franco A. entlasteten. Der 3. Strafsenat sieht wohl, dass das konspirative Verhalten des Oberleutnants keine legalen Absichten erwarten lässt. Weshalb der Anfangsverdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat bestehen bleibt. Doch die bislang vorliegenden Indizien und Beweise sind dünn. Es blieben ja »nur« Betrug und Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz übrig. Das rechtfertige keine weitere U-Haft. Zudem sei die Fluchtgefahr gering, meinen die Richter.

Das Verteidigungsministerium äußerte sich nur knapp: Die bereits laufenden disziplinarischen Ermittlungen in der Bundeswehr würden fortgeführt. A. sei vorläufig des Dienstes in der Truppe enthoben worden. Es liege ein Uniformtrageverbot vor.

Dass A. einer rechtsextremistischen Gesinnung verfallen ist, war schon lange unübersehbar. 2009 versetzte man ihn in die deutsche Stabsgruppe im französischen Fontainebleau. Er begann ein Studium der Staats- und Sozialwissenschaften an der renommierten französischen Militärschule Saint-Cyr. 2013 legte er seine Masterarbeit vor. Der französische Kommandeur sah darin »schwere Mängel« , ein unabhängiger deutscher Gutachter bestätigte, bei dem Text handle es sich »um einen radikalnationalistischen, rassistischen Appell, den der Verfasser mit einigem Aufwand auf eine pseudo-wissenschaftliche Art zu unterfüttern sucht«.

Was folgte? Nichts! Und genau das hat Ursula von der Leyen (CDU) aufgeregt. Die Verteidigungsministerin verlangte eine gründliche Untersuchung, die über den Fall Franco A. hinausgeht. Es kam zu »Stubendurchgängen« in allen Bundeswehrobjekten, bei denen allerlei »normale« Nazidevotionalien entdeckt und entfernt wurden. Von der Leyen äußerte Zweifel, ob die sogenannte innere Führung intakt sei und ob Vorgesetzte sich ihrer demokratischen Verantwortung bewusst sind.

Damit war die in Offizierskreisen ohnehin nicht beliebte Politikerin aus der Sicht vieler Militärs zu weit gegangen. Sie wolle der Truppe das »Soldatische« nehmen, stelle Vorbilder zur Disposition, nur weil die - getreu ihrem Eid - für »Hitlers Endsieg« gekämpft haben.

Grundsätzlich und wohl auch um klarzustellen, dass sie als demokratisch gewählte Ministerin (in Friedenszeiten) das Kommando führt, blieb von der Leyen nur der Angriff auf zu deutliche Wehrmachtsanhänglichkeiten übrig. Sie verlangte eine Neufassung des aus dem Jahre 1982 stammenden Bundeswehr-Traditionserlasses.

An dem seit kurzem intern vorliegenden Entwurf ist mancherlei zu kritisieren. Er ist halbherzig, nachvollziehbar nicht exakt formuliert. Er stellte Wehrmacht und NVA im Sinne der Traditionsunwürdigkeit auf eine Stufe. Er hilft nicht, Zöpfe zu kappen. Doch: Er macht unmissverständlich klar, auch für die Bundeswehr gilt das Grundgesetz. Niemand hat das Recht, Rechtsextremismus in die Truppe zu schleusen.

Schaut man sich Wortmeldungen an, die sofort nach der U-Haft-Entlassung von A. durch soziale Medien geisterten, so wird klar: Von der Leyen hat die Auseinandersetzung um den Geist der Truppe noch nicht gewonnen. Die Öffentlichkeit verpennt das Thema offenbar. Es wird Zeit, dass sich zumindest die verschnarchten Bundestagsabgeordneten um »ihre« Parlamentsarmee kümmern.

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