Nazi-Ramsch im Supermarkt

Kette Real in der Kritik für den Verkauf von Wehrmachtsutensilien

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Satiriker Jan Böhmermann richtete am Sonntag seine Worte an die »Spar- und Wüstenfüchse« unter seinen Abonnenten: »Ihre besonders deutsche Kopfbedeckung für die nächste Reise ins Osterzgebirge oder nach Bornhagen bei Thüringen gibt es zur Zeit in Ihrem traditionsbewussten Real-Markt im Angebot«, hieß es folgend im gewohnt süffisant-ironischen Ton. Spätestens jetzt war die Empörungswelle nicht mehr zu stoppen, die bis Montag über die Supermarktkette der Metro-Aktiengesellschaft rollte.

Was war passiert? Ein Twitternutzer war bei einer Recherche zufällig darauf gestoßen, dass im Onlineshop von Real nachgemachte Accessoires der Wehrmacht zu finden waren. So konnte man dort unter anderem kaufen: Einen »Afrikakorps-Tropenhelm mit Brille«, einen »Wehrmachts-Hosengürtel, Leder schwarz, Gott mit uns«, ein »Feldkochbuch für behelfsmäßiges Kochen und Backen in den Kolonien« sowie eine »Soldatenuniform in grau«. Der Händler empfahl bei letzterer: »Sieht besonders erschreckend mit unserer Adolf Hitler-Maske aus.« Je länger die Nutzer suchten, desto mehr Nazi-Devotionalien wurden gefunden.

Bei dem Aufnäher »Totenkopf mit Stahlhelm« gab es zudem eine besonders brisante Produktbeschreibung, die in sozialen Medien auf folgende Weise angezeigt wurde: »Auch nach dem Tod kämpft dieser Schädel noch für die Ideale des ›Dritten Reichs‹ (...) Mit diesem Aufnäher können Sie deutlich machen, dass Ihnen einige Ideen aus dieser Zeit auch heute noch gefallen.« Sebastian Hansen, im Landesvorstand der Grünend Jugend Bayern, stellte in diesem Fall eine Strafanzeige wegen Volksverhetzung.

Die Supermarktkette versuchte nach Bekanntwerden der »historischen« Ware die Situation zügig zu entschärfen. Bis zum Montagnachmittag entfernte man einige der kritisierten Gegenstände. In einer Erklärung wurde um Verzeihung gebeten: »Trotz bereits umfangreicher vorhandener Sicherheitsmaßnahmen mussten wir zu unserem großen Bedauern feststellen, dass sich im Angebot Dritter auch Artikel befinden, die die Vorgänge in der Zeit des Nationalsozialismus verherrlichen.« Man distanzierte sich von dem Angebot und Verkauf dieser Produkte und versprach eine sorgfältigere Prüfung: »Das Team des Real Onlineshops arbeitet derzeit mit Hochdruck daran, weitere potenzielle Artikel dieser Art zu identifizieren, um diese ebenfalls aus dem Angebot zu entfernen.«

Die kritisierten Waren selbst lassen sich derweil in den Regalen der mehrere Hundert Märkte umfassenden Kette nicht finden. Der Onlineshop von Real funktioniert ähnlich wie Amazon oder Ebay. Andere Händler können die Plattform nutzen, um ihre Produkte hier zu verkaufen. Real führt für diese Dritten zwar eine Liste von verbotenen Artikeln, doch die Gestaltung der Wehrmacht-Devotionalien kann diese Regeln meist problemlos umgehen. Eine kurze »nd«-Recherche zeigte auf: Auch beim Versandriesen Amazon gibt es zahlreiche Naziutensilien, ohne dass es hier zu Empörung kommt. Offensichtlich ist die Erwartungshaltung an Real größer.

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