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Verbindende Philosophie

Dreisprachige Konferenz in Athen zu Ehren des griechisch-französischen Denkers Cornelius Castoriadis

  • John Malamatinas, Athen
  • Lesedauer: 4 Min.

Einige hundert Menschen füllen die Aula der Pantion Universität: Augenscheinlich viele junge Menschen, Studierende, aber auch viele ältere, Hobby-Philosophen oder alte Kämpfer. Geschafft hat das Cornelius Castoriadis. Er selbst kann diese Zusammenkunft aber nicht mehr erleben – sie findet 20 Jahre nach seinem Tod zu Ehren des griechischen Denkers statt.

Das Masterprogramm des Instituts für politische Wissenschaft und Geschichte organisierte am vergangenen Wochenende eine dreisprachige Konferenz über die Aktualität des castoriadischen Denkens.

»Ich möchte nicht über Castoriadis reden. Ich möchte stehen bleiben bei denen, die dieses Treffen hier möglich gemacht haben. Ein Student der Pantion Universität kommt in Kontakt mit einem frisch gebackenen Philosophiedoktor aus Ioannina. Zwei Menschen, die durch die Philosophie verbunden werden, und die Philosophie mit Politik verbinden. Diese Initiative ist dank Ktenas und Schismenos eine sehr hoffnungsvolle in diesen schwierigen Zeiten«, sagte Pinelopi Fountedaki, Vorsitzende des Instituts für Politikwissenschaft und Geschichte, zur Eröffnung der Konferenz.

Cornelius Castoriadis ist am 26. Dezember 1997 in Paris gestorben. Zwei Jahrzehnte nach seinem Tod finden seine philosophischen Ideen nicht nur in den Praktiken der sozialen Bewegungen Einzug. »Es geht nicht um die Nostalgie der Vergangenheit, sondern um die Schaffung der Gegenwart. Die aktuelle Zeit birgt laut Castoriadis immer eine Chance zur Aktion«, betonen Giannis Ktenas und Alexandros Schismenos in ihrer Eröffnungsrede.

Es sind nicht Wenige, die dem Aufruf folgen: 65 Rednerinnen aus sieben Ländern – unter ihnen auch Norwegen, Argentinien und Katar. Yavor Tarinski, Autor aus Bulgarien, gehört zu der jungen Generation von Castoriadis-Forschern und hielt einen Vortrag über Selbstbegrenzung und Demokratie. Er ist auch Teil der Redaktion der politischen Zeitschrift Babylonia. »Wir haben das Jahr 2017 zum Castoriadis-Jahr ausgerufen und Veranstaltungen in Griechenland und im Ausland organisiert«, erwähnte Tarinski in einem Pausengespräch in der verrauchten Lobby der Fakultät.

Neben den griechischen und internationalen Rednern wurde auch die Präsenz ehemaliger Gesprächspartnern von Castoriadis wie Kostas Spantidakis, Übersetzer von »Gesellschaft als imaginäre Institution«, mit Spannung erwartet. Spantidakis erzählte aus der Kindheit und Jugend von Castoriadis, wie er »zwischen Werken von Jules Verne aufgewachsen ist und das Symposium von Platon auswendig gelernt hat«, um zu seiner zentralen These zu gelangen: »Castoriadis hat eine Analyse des modernen Kapitalismus gewagt, in einer Zeit, in der die meisten Intellektuellen Gefangene von Ost und West waren«.

Parallel zur Konferenz wurde auch zum ersten Mal das Interview mit Vincent Descombes, dem Vorsitzenden der Association Castoriadis, ausgestrahlt. Descombes ist Träger des Großen Philosophie-Preises der Französischen Akademie und war mit Castoriadis Mitglied von »Sozialismus oder Barbarei«, einer antistalinistisch-marxistischen Gruppe die von 1949 bis 1967 tätig war. Ihre Schriften haben, neben denen der Situationistischen Internationale, die Studierenden des 68er Mai in Frankreich beeinflusst.

Castoriadis selbst hatte schon im griechischen Bürgerkrieg mit der Kommunistischen Partei Griechenlands gebrochen und war zu trotzkistischen Zusammenhängen gewechselt. 1945 verließ er auf der Flucht vor der kommunistischen Armee ELAS zusammen mit anderen Intellektuellen, wie dem Philosophen Kostas Axelos, auf dem Schiff Mataroa Griechenland. Nach den Jahren von »Socialisme ou Barbarie« nutzte er die Ablehnung des dogmatischen Marxismus und der Sowjetbürokratie als Ausgangspunkt und entwickelte eine tiefere Kritik an der Kritik der politischen Ökonomie von Marx und ihrer philosophischen Grundlagen.

Es ist sicher, dass das Denken Castoriadis’ nicht auf universitäre Räume begrenzt werden kann, da es eine lebendige Kraft ausmacht, die das gesellschaftliche Leben und Veränderung als Ganzes angeht. Revolution wird bei Castoriadis gedacht als explizite und eindeutige Selbstveränderung der Institutionen der Gesellschaft. »Die Ideen von Castoriadis hatten in den letzten 20 Jahren großen Einfluss auf Teile der sozialen Bewegungen, die besonders während der Krisenproteste nach direktdemokratischen Prozessen strebten und experimentierten«, bestätigte Nikos Ioannou in seiner Rede.

Auch Gruppen der antiautoritären Bewegung und selbstorganisierte Kollektive beziehen sich auf die Fundamente von Castoriadis, in dessen Zentrum sein Autonomieentwurf steht: »Die Autonomie der Individuen, ihre Freiheit (...), hat auch vor allem die gleiche Teilhabe aller an der Macht zum Inhalt, ohne die es natürlich keine Freiheit gäbe, ebenso wenig wie Freiheit ohne Gleichheit. Wie könnte ich frei sein, wenn andere als ich über das entscheiden, was mich betrifft und ich an dieser Entscheidung nicht teilnehmen darf?«

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