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- Protest nach G20-Razzien
»Ohnmächtig geprügelt«
Mehrere hundert Menschen gingen in Göttingen gegen G20-Razzien auf die Straße
Bengalos, Sprechchöre, Schwarzer Block: Lautstark und mit zahlreichen Transparenten haben zwischen 600 und 700 Menschen am Sonnabend in Göttingen gegen die G20-Razzien der vergangenen Woche protestiert. Polizisten und Demonstranten gerieten aneinander, es gab Verletzte, mindestens ein Mann wurde vorübergehend festgenommen. Zu dem Protest aufgerufen hatte die autonome »Antifaschistische Linke International«.
Von den bundesweiten Durchsuchungen am Dienstag waren auch mehrere Wohnungen in Göttingen betroffen, eine brachen Polizisten mit einem Rammbock auf. Auch im Haus von Annette Ramaswamy und ihrer Familie beschlagnahmten etwa 20 Beamte Handys, Computer und Datenträger. Gegenstände des Ehemanns, der für die Piratenpartei im Göttinger Kreistags sitzt und während der G20-Proteste gar nicht in Hamburg war, wurden ebenfalls mitgenommen. Ramaswamy schilderte die Vorfälle bei der Auftaktkundgebung.
Anderthalb Stunden lang ziehen die Demonstranten durch die von Weihnachtsmarktbesuchern und Geschenkekäufern überfüllte Stadt. Die Polizei ist mit mehreren hundert Beamten im Einsatz. In der Roten Straße, wo viele linke Wohngemeinschaften wohnen, kommt es zur Konfrontation. Im Schwarzen Block und auch in den Fenstern mehrerer Häuser aus wird Pyrotechnik gezündet. An einer Absperrung nehmen Polizisten einen Demo-Ordner fest. Er habe die Beamten angegriffen und zwei von ihnen leicht verletzt, sagt eine Polizeisprecherin. Gegen den Mann sei ein Verfahren wegen Landfriedensbruchs, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung eingeleitet worden.
Nach Angaben der Gruppe »Basisdemokratische Linke« hatte sich der Ordner »deeskalierend und mit erhobenen Armen zwischen Demonstrationszug und Polizei« gestellt, als er von Beamten »mit gezielten Schlägen ohnmächtig geprügelt« wurde. Sanitäter seien an der medizinischen Versorgung des Mannes gehindert worden. »Ausgerechnet bei einer Demo, die sich unter anderem gegen Polizeigewalt richtet, reagieren die Einsatzkräfte überaus brutal«, kritisierte die Sprecherin der Gruppe, Lena Rademacher.
Die »Antifaschistische Linke International« ergänzt: »Nach der martialisch in Szene gesetzten Hausdurchsuchung hat die Polizei noch einen draufgesetzt und einen unserer Genossen gekidnappt. Ein Staat, in dem die Polizei tun und lassen kann, was sie will, muss zurecht Polizeistaat genannt werden.«
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